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Archiv-Artikel

Mubarak entmachtet

Hinweise auf nahen Rücktritt

KAIRO/ BERLIN afp/ap | Der ägyptische Staatschef Husni Mubarak will nach Angaben von Vertretern der Streitkräfte und der Regierungspartei die Forderungen der Protestbewegung erfüllen. Parteichef Hossan Badraui sagte am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP, Mubarak werde sich am Donnerstagabend in einer Rede an das Volk wenden. Der Präsident werde eine Ankündigung machen, die den Forderungen der Demonstranten nachkomme, sagte Badraui. Der Stabschef der ägyptischen Armee hat einem Bericht des US-Senders ABC zufolge einen Rücktritt von Präsident Husni Mubarak angedeutet. Er habe wörtlich zu den Demonstranten gesagt: „Alle eure Forderungen werden heute abend erfüllt.“ Die Demonstranten hatten als zentrale Forderung den Rücktritt Mubaraks verlangt.

Die Protestbewegung in Ägypten weitete sich gestern aus. Streiks wurden unter anderem in Textilfabriken in Mahalla im Nildelta und Helwan bei Kairo gemeldet; Sit-Ins in einer Stahlfabrik, in der Kanalbehörde in Suez, in einer Getränkefabrik und einer weiteren Textilfabrik in Menoufia. In Port Said verwüsteten hunderte Demonstranten die Polizeizentrale und zündeten sie an. In Assiut in Oberägypten besetzten Protestierende eine Bahnlinie, in Alexandria beteiligten sich tausende Verwaltungsangestellte an einem Streik.

In Kairo organisierten 200 Mitarbeiter der Abteilung für Medikamentenüberwachung ein Sit-In und forderten eine Festanstellung und höhere Löhne. Freie Mitarbeiter der Zeitung Al Ahram verlangten eine bessere Bezahlung und mehr Unabhängigkeit von der Regierung. In einem Krankenkaus protestierten 1.500 Krankenschwestern gegen die verspätete Auszahlung ihrer Löhne, und Ärzte einer anderen Klinik zogen in weißen Kitteln auf den Tahrir-Platz.

Am Freitag soll eine weitere Großdemonstration stattfinden. Für den 12. Feburar rufen Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und acht weitere Organisationen zu einem weltweiten Aktionstag in Solidarität mit der Oppositionsbewegung in Ägypten auf. Außenminister Ahmed Abul Gheit hatte den Demonstranten zuvor gedroht: Sollte „Chaos“ ausbrechen, würden die Streitkräfte eingreifen, um „die Verfassung und die nationale Sicherheit zu verteidigen“ - „ein Schritt (...), der zu einer sehr gefährlichen Situation führen würde“, sagte er laut staatlicher Nachrichtenagentur Mena dem arabischen TV-Sender El Arabija.

In einer von Crisis Action organisierten gemeinsamen Pressekonferenz forderten Claudio Cordone von Amnesty International, Tom Porteous von Human Rights Watch und Hossam Bahgat von der ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte ein Ende der willkürlichen Verhaftungen und Gewaltanwendungen seitens der Streikräfte. Bahgat berichtete, dass die Zahl der Festnahmen, die das Militär in den vergangenen Wochen durchgeführt habe, eine Black Box sei. Die Zahl der Festgenommenen könne in die Tausende gehen.