„Wir suchen Verbündete“

Knut Föckler, Berater des Kölner Naturdokumentationssenders Terranova, über das Bewusstsein prägende Umweltverbände, ökologisch ausgerichtete Zuschauer und den deutschen Werbemarkt

INTERVIEW LUTZ DEBUS

taz: Herr Föckler, wie sieht der Terranova-Zuschauer aus? Ein ehemaliger Rucksackreisender, der nun Oberstudienrat geworden ist?

Knut Föckler: Wir gehen von einem Psychogramm unserer Zuschauer aus, das umweltbewusstes und genussvolles Leben zusammenbringt. Das ist kein Widerspruch. Ökologisch Handeln muss nicht Kasteiung bedeuten sondern fängt ja schon mit einer intelligenteren Beschaffung von Produkten an.

Wenn Sie sagen würden, dass man nichts kaufen soll, hätten Sie schließlich auch keine Werbekunden.

Ja. Das wäre ganz schlimm. Das ist aber auch nicht unsere Philosophie. In Deutschland ist das Thema schwer zu benennen. Der Begriff „Grün“ ist tendenziell parteipolitisch besetzt. Der Begriff „Öko“ hat einen merkwürdigen Klang. Dabei geht es bei uns genau um Ökologie.

Jein. Sie haben ja auch Sendungen im Programm, die könnten, wären sie gedruckt, bei Geo stehen. Geschichten vom Nord- und Südpol, vom Dschungel und von der Wüste. Der Naturreportage folgt der Rucksacktourismus und dem folgt der Massentourismus und dann ist die Idylle platt.

Dem Vorwurf kann man sich nicht ganz entziehen. Wenn man touristisch interessante Ziele darstellt, ist natürlich nicht auszuschließen, dass dann da auch viele Leute dort hin reisen. Wir beschreiben fremde Kulturen, fremde Lebewesen, fremde Tiere aber wir propagieren damit nicht sofort Tourismus. Das Thema Tourismus wird natürlich mittlerweile kritisch begleitet. Es gibt inzwischen ja auch den „sanften Tourismus“.

Wenn von fremden Ländern berichtet wird bleibt, das Thema Globalisierung nicht aus. Problematisieren Sie diese Entwicklung auch oder zeigen Sie nur schöne Landschaften, schöne Tiere – und natürlich schöne Menschen?

Wir zeigen nicht nur das Schöne der Welt. Aber wir haben keine spezielle politische Ausrichtung. Sinn und Ziel ist natürlich, die Leute zum Nachdenken anzuregen aber auch in positivem Sinne zu motivieren. Das wissen Sie aus der Psychologie. Wenn Sie Kinder haben, wissen Sie es noch besser: Sie können nicht mit Verboten und dem erhobenen Zeigefinger motivieren, sondern dadurch, dass Sie positive Beispiele zeigen und erklären, warum diese sinnvoll sind und möglicherweise sogar Spaß machen. Wir wollen schon die Schönheit und die Faszination unseres Planeten zeigen, aber auch auf ökologische Missstände aufmerksam machen.

Kommt bei Terranova auch Deutschland vor?

Absolut. Die Serie „Die Wilkens“ handelte von einer Familie, die Deutschland als Urlaubsort entdeckt. Wir zeigen, wie man Apfelsaft presst, wie man Sonnenenergie gewinnt, wie man ein ökologisch verträgliches Haus baut. Das sind deutsche Themen. Wir sind sowohl jenseits wie diesseits des Gartenzauns aktiv.

Was passiert in der Sendezentrale im Kölner Mediapark eigentlich genau?

In Köln wird die gesamte Sendeplanung, die Vermarktung, die Pressearbeit gemacht und die Website und der Teletext gestaltet. Auch die Trailer werden hier produziert. Das Sendezentrum sitzt in Paris. Dort geschieht auch der Programmeinkauf. Das erklärt sich daraus, dass die Groupe AB zwanzig Paykanäle in Frankreich bestückt, von denen fünf die Themen Natur, Reisen, Tiere beinhalten. Die Groupe AB ist mit den Themen von Terranova also schon sehr vertraut.

Gibt es bei Terranova also nur französische Sendungen?

Nein. Die fremdsprachigen Produktionen werden alle auf Deutsch synchronisiert. Die Dokumentationen kommen zu einem großen Teil aus dem englischsprachigen Bereich.

Daniel Cohn-Bendit hat bei Ihnen eine Talk-Show.

Er passt sich da der Reiseroute des Europaparlaments an. Das pendelt ja zwischen Brüssel und Straßburg und dort zeichnen wir dann auch jeweils die Talkshow auf. Daniel hat in der Regel eine Hand voll Gäste und unterhält sich mit denen zu einem Schwerpunktthema. Die Idee ist, dass man eben nicht über die deutsche Politik diskutiert, sondern über den nationalen Tellerrand schaut und die Themen europäisch sieht.

Sie sind bundesweit zu empfangen. Erleben Sie Unterschiede in der Medienpolitik der Bundesländer?

Die Landesmedienanstalten greifen teils mehr, teils weniger in die Vergabe der Kabelplätze ein. Bayern zum Beispiel ist ein so genanntes liberalisiertes Land. Die Landesanstalt für Medien in NRW nimmt da noch stärkeren Einfluss.

Ist das gut oder schlecht für Sie?

Ich glaube, für uns als Sender ist es nicht schlecht. In NRW sieht man es so, dass es sich lohnt, Terranova zu stützen, weil der Sender auch ein Stück Bildung und Aufklärung mitbringt und sich nicht in den seichteren Gefilden des TV-Marktes bewegt.

Wie viele Zuschauer haben Sie?

In den Spitzenzeiten ab 21 Uhr geht es schon mal bis zu einem halben Prozent Marktanteil. Ansonsten liegen wir bei 0,2 Prozent.

Wie viel ist das in absoluten Zahlen, in Augenpaaren?

Wir haben in unseren besten Sendeplätzen schon mal ein paar Hunderttausend Leute vor dem Schirm.

Und die Terranova-Zuschauer sind wahrscheinlich keine armen Leute. Für die Werbewirtschaft sind Sie doch bestimmt interessant?

Es gibt leider die Tendenz, über Media-Broker stark rabattierte Großeinkäufe zu tätigen. An diese Kunden kommen wir nicht heran. Aber es gibt natürlich auch solche, die selektiv eine bestimmte Käuferschicht ansprechen wollen. Wir produzieren in Köln auch schon Mal Werbefilme für mittelständische Unternehmen. Und für solche Kunden, die keinen eigenen Spot haben, gibt es etwa Titelsponsoring.

Wie bei der ARD. „Der Tatort wird freundlich unterstützt von dem Felsquellwasserbier.“

Wir bedauern sehr, dass diese Brauerei nicht zu uns kommt. Wir würden gut zu deren Umweltkampagnen passen.

Werbung mit Ökothemen wird immer präsenter.

Und das wird zunehmen. In Amerika gibt es für diese Käuferschicht schon einen eigenen Namen: „LOHAS“. Die Abkürzung steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“. Der Wellnessgedanke wird hier erweitert um Umwelt- und Gesundheitsthemen.

Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?

Wir möchten noch mehr Zuschauer gewinnen. Und wir möchten beispielsweise Verbündeter werden für Non-Profit-Organisationen. Diese können bei uns eine Plattform finden, um ihre Themen zu promoten. Mit dem WWF haben wir schon viel gemacht. Aber es gibt da ja viele Vereine, den BUND, Food-Watch, die Bewusstsein prägend in diesem Land unterwegs sind.

Etwas Persönliches: Sie waren bei SAT 1 und sind nun bei terranova. Wieso auf einmal so idealistisch?

Bei SAT 1 gab es bis 1995 eine schöne aktive und erfolgreiche Aufbausituation. Aber die Entscheidungsträger hatten dann andere Ideen als ich. Nach Stationen wie z. B. Microsoft Network bin ich heute Berater von Terranova. Es ist schön, für einen Sender zu arbeiten, bei dem man mit den Inhalten voll übereinstimmt.