: Telefon-Deals mit Polizei in der Leitung
DROGENHANDEL Vor dem Landgericht Bremen sind vier Männer angeklagt, bandenmäßig und kiloweise mit Heroin gedealt zu haben. Sie besprachen das im Auto und am Telefon – die Polizei hörte alles mit
Wer von einem Strafprozess betroffen ist, kann sich in bestimmten Fällen daran beteiligen.
■ § 431 der Strafprozessordnung regelt das für „Einziehungsbeteiligte“, denen Gegenstände gehören, die eingezogen wurden.
■ Wurde etwa ein Auto beschlagnahmt, das mir und nicht dem Angeklagten gehört, so kann ich als „Einziehungsbeteiligter“ im Prozess darauf hinwirken, es wieder zu bekommen.
■ Nebenbeteiligte haben grundsätzlich die Prozess-Rechte wie Angeklagte, wenn es um ihre Interessen geht. JPB
Vier Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sollen Cannabis und kiloweise Heroin gekauft, gestreckt und weiterveräußert haben. Wegen bandenmäßigen Drogenhandels begann am Mittwoch der Prozess vor dem Landgericht. Staatsanwältin Andres verlas zahlreiche detaillierte Einzel-Geschäfte im Zeitraum zwischen Oktober 2011 und August 2013: eine umfangreiche Anklageschrift, die zustande kam, weil die Angeklagten die Geschäfte per Telefon und in ihrem Auto besprochen haben sollen – und bei beidem die Polizei mithörte.
Innenraum-Überwachung eines der Fahrzeuge, Telefonüberwachung, Observationen – den Ermittler eröffnete sich ein breites Bild des mutmaßlichen Geschäfts mit den Drogen: Sie erfuhren von größeren Einkäufen, mal 300 Gramm, mal 1,2 Kilo Heroin zu einem Kilopreis von circa 25.000 Euro und von Weiterverkäufen in kleineren Mengen von zehn bis 15 Gramm, für etwa zehn Euro pro Gramm, die den Käufern teilweise per PKW geliefert wurden; von einem Drogen-Lieferanten, den die Angeklagten „Feisel“ nannten, von ihren Plänen, eine Shisha- und Cocktailbar in der Oslebshauser Heerstraße als Basis für ihre Geschäfte zu nutzen und davon, dass das Heroin in einer Oslebshauser Wohnung mit Paracetamol und Koffein auf einen Wirkstoffgehalt von acht bis zehn Prozent gestreckt wurde.
Allerdings, darauf wies Verteidiger Martin Stucke hin, komme es eben auch an vielen Stellen auf die Interpretation der Ermittler an und darauf, dass man ihnen vertraut. Er nannte beispielhaft ein abgehörtes Gespräch, für das gleich zwei unterschiedliche Protokolle existierten.
Weil die Ermittler in diesem Fall so manches mitgehört, so manches interpretiert und so manches protokolliert haben, saß auch Mehmed A.* im Gerichtsaal – als sogenannter Nebenbeteiligter, eine juristische Seltenheit: nicht Angeklagter, nicht Zeuge, aber vom Prozess-Verlauf betroffen, ist er mit fast allen Rechten eines Angeklagten ausgestattet. Mehmed A., Inhaber einer Bremer Automatenaufstellerfirma, war ins Visier der Ermittler geraten, weil die Angeklagten über ihn gesprochen haben sollen. Wie eine Bank soll A. deren Geld an sich genommen und verwaltet haben. Der Verdacht der Geldwäsche kam auf und soll in einem getrennten Verfahren verhandelt werden.
Sein Anwalt Ulrich Sommer wirft der Staatsanwaltschaft ein übertrieben hartes Vorgehen vor: Sie habe A.s Bank mitgeteilt, dass er mit Drogengeschäften und Geldwäsche zu tun habe, woraufhin sein Konto gepfändet und Kredite nicht mehr bewilligt wurden. Für A. sei es schwierig geworden, seinen Betrieb zu führen, was aus Sicht des Anwalts in dieser Form nicht nötig war: „Die wollten ihn fertigmachen“, so Sommer zur taz.
Um den Prozess zu verkürzen, machte Staatsanwältin Andres einen Vorschlag: Sechs Jahre für den Hauptangeklagten, fünf und drei bis vier Jahre für die anderen. Die Verteidiger signalisierten grundsätzliche Bereitschaft für einen Deal und werden darüber bis zum nächsten Termin am 17. Juli mit ihren Mandanten beraten. JEAN-PHILIPP BAECK * Name geändert