:
JÖRG SUNDERMEIER
Der 10. Juli ist der 80. Jahrestag der Ermordung Erich Mühsams, daher finden in diesen Tagen Dutzende Veranstaltungen zu Ehren des Dichters statt, zwei sollen hier besonders hervorgehoben werden: Am Samstag findet in Oranienburg eine „Erich-Mühsam-Gedenkdemo“ statt, deren Veranstalter_innen aber nicht nur an Mühsam und die anderen im KZ Oranienburg inhaftierten und ermordeten Menschen erinnern, sondern zugleich „gegenwärtige Nazistrukturen und rechte Gewalt in Oranienburg“ thematisieren wollen. Die Demonstration beginnt am S-Bahnhof Oranienburg (13 Uhr) und soll quer durch die Stadt führen.
Am nämlichen Tag findet in der Zukunft Ostkreuz (Laskerstraße 5, ab 16 Uhr) auch ein Erich-Mühsam-Fest statt, dort treten Dutzende Bands auf, es gibt unzählige Vorträge, Lesungen und Diskussionen, und auch dort soll es nicht nur um Mühsam gehen, sondern auch um die heutige politische Situation. Die Veranstalter_innen folgen dabei Erich Mühsams Worten: „Jeden Abend werfe ich / eine Zukunft hinter mich, / die sich niemals mehr erhebt / denn sie hat im Geist gelebt. / Neue Bilder werden wachsen; / Welten drehn um neue Achsen, /werden, sterben, lieben, schaffen. /Die Vergangenheiten klaffen. / Tobend, wirbelnd stürzt die Zeit / in die Gruft. – Das Leben schreit!“
Ebenfalls am Samstag startet auf dem Hermannplatz (15 Uhr) die Pride Parade Berlin 2014, die „Freaks und Krüppel, Verrückte und Lahme, Eigensinnige und Blinde, Taube und Normalgestörte“ auffordert, tanzend und feiernd gegen den Normierungswahn in dieser Gesellschaft vorzugehen. Es ist gut – analog zur Gay Pride – auch auf jene hinzuweisen, die stigmatisiert oder sogar gettoisiert werden und vielen ihrer Mitmenschen per se als Patient_innen gelten. Denn allen muss alles erlaubt sein – und ermöglicht werden! Nach der Parade, die sich von Neukölln nach Kreuzberg bewegen wird, wird im Südblock am Kottbusser Tor weiter gefeiert, und das „behindert und verrückt“.
Am Montag schließlich wird im Infocafé in der Lichtenberger Linse (Parkaue 25, 18.30 Uhr) über die historischen Vorbilder der „Euro-Maidan“-Bewegung geredet. „Auf welche Ideologie und Praxis in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg beziehen sich die Nationalisten und Faschisten von Swoboda und Rechter Sektor, wenn sie diese als Vorbilder bezeichnen?“, fragen die Organisator_innen des Abends – zu hoffen ist allerdings, dass sie wissen, dass auf dem Maidan in Kiew nicht nur Faschist_innen gegen die seinerzeitige ukrainische Regierung protestiert haben, sondern auch viele Linke.