: Humboldt nagt am Hungertuch
HUMBOLDT-FORUM Das neue Museumsgroßprojekt ist unterfinanziert. Bevor echte Ausstellungsflächen entstehen, sind wohl harte Verhandlungen mit dem Bund nötig
V. KÖNIG, ETHNOLOGISCHES MUSEUM
VON NINA APIN
Zuerst die gute Nachricht: Die inhaltlichen Planungen für das künftige Humboldt-Forum sind im Zeitrahmen – ebenso wie der Bau, der gerade am Schlossplatz in die Höhe wächst. Vor der Eröffnung der neuen Ausstellung in der temporären Humboldt-Box sagte Bettina Probst, Leiterin der Stabsstelle Humboldt-Forum: „Die Planungen sind weitgehend abgeschlossen, die Entwurfsphase ist bis Mai 2015 beendet.“ 2015 wird ein Intendant für das Megamuseumsprojekt gesucht, das 2019 eröffnen soll.
Harte Verhandlungen
Der Planungsstand als ein komplexer, im Werden begriffener Prozess – das ist der Inhalt der Werkstattausstellung in der Humboldt-Box. Sie soll einen Einblick in die Arbeit an den Inhalten geben, die schon weit fortschritten ist. Doch bevor aus den unzähligen Gesprächen, Treffen, Konzeptionen und Ideen echte Ausstellungsflächen werden, sind wohl noch harte Verhandlungen mit dem Bund nötig. Denn, so klagte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: „Immer nur sparen – damit schafft man keinen kulturellen Leuchtturm.“
Ein einzigartiges Kulturzentrum mit internationaler Ausstrahlung – nichts Geringeres soll das Humboldt-Forum, das ins rekonstruierte Stadtschloss einziehen soll, einmal werden. Doch während seit dem Bundestagsbeschluss von 2007 viel über Gestalt und Kosten der baulichen Hülle debattiert wird, ist die finanzielle Ausstattung des Museumsprojekts bislang kein Thema. Von den anfangs veranschlagten 590 Millionen Euro Baukosten sind lediglich 32 Millionen für Ausstellungsarchitektur, Technik und Projekt-Erarbeitung vorgesehen. Für die Errichtung eines hypermodernen Museum von 40.000 Quadratmetern Fläche ist das lächerlich wenig. Erstaunlich auch, dass es bislang ganze drei Mitarbeiter sind, die in der „Stabsstelle Humboldt-Forum“ die Verzahnung der beteiligten Institutionen koordinieren. Schließlich sind die Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Ethnologische Museum, die Humboldt-Universität und Zentral-und Landesbibliothek jeweils riesige Tanker – und ächzen selbst unter Geldnot.
„Wir sind Getriebene des Flughafendesasters“, sagte Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums. Die Angst, ebenfalls den Kostenrahmen zu sprengen, sei groß. Irgendwann führe die Sparwut aber zu Qualitätseinbußen.
Bislang treiben die Humboldt-Freunde ihr Programm aus dem laufenden Etat und mit Drittmitteln voran: Das Humboldt-Lab, das vier Jahre lang mögliche Präsentationswege fürs neue Haus erprobt, wird von der Kulturstiftung des Bundes bezahlt. Nur so können Fachleute wie die junge Ethnologin Andrea Scholz Vorarbeit leisten. Scholz arbeitet für das Projekt „Wissen teilen“ mit zwei indigenen Universitäten in Venezuela und Brasilien an einer interaktiven Webplattform. Einige Abgeordnete der venezolanischen Amazonas-Bewohner kommen im Sommer nach Berlin, um bei der Konzipierung der Ausstellung zu beraten. Woher das Geld für solch aufwendigen Dialoge kommen soll, wenn die Finanzierung des Humboldt-Lab nächstes Jahr ausläuft, ist allerdings unklar.