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29. MINUTE, PASS ÖZIL, TOR KHedira

Als der Abpfiff ertönte, explodierten weit hinter der Bühne der Copacabana, links oben im Himmel Feuerwerksraketen. Dort oben am Hügel, im Armenviertel Babilonia, hatte ganz offensichtlich ein Fest begonnen. Und wenn dort gefeiert wird, dann weil das Ausscheiden Brasiliens nicht etwa für den Kollektivschmerz einer ganzen Nation steht, sondern lediglich für enttäuschte Erwartungen vieler in einem Land, das sich in einem Selbstversuch befindet. Oder besser: befand.

Bis Dienstagabend suchte vor allem die politische Elite einen kulturnationalen Schulterschluss, in den Medien als Fußballfest beschrieben. Eine Fehlwahrnehmung. In vielen entlegenen Straßen auf den Hügeln der Metropolen sind Stimmung und Rausch, von denen reichlich zu lesen war, nicht entbrannt. Und so steht das Spiel, mit dem sich die brasilianische Fußballnationalmannschaft von ihren Titelträumen trennte, in vielerlei Hinsicht für die Konflikte, die nicht allein die Mannschaft, sondern auch die Bevölkerung zu bewältigen hat. In den vergangenen Wochen waren viele in Brasilien mit sich und anderen im Disput, weil sie ahnten, dass es gut wäre für das Land, wenn seine Mannschaft nur rasch ausscheiden würde. Manche nannten dafür sportliche, manche politische Gründe. Gemeinsam war ihnen das Gefühl, dass hier eine Lüge inszeniert wurde, ein Brasilien, das ganz anders und einfacher aussehen sollte, als es ist.

MARTIN KAUL

■ Das ausführliche Feature von Martin Kaul auf taz.de