: Massenhaft Tiere gequält
LANDWIRTSCHAFT Cuxhavener Hühnerzüchter soll Küken vergast und Gliedmaßen amputiert haben. Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Das Unternehmen rechtfertigt die Tötung als weltweit gängige Praxis
Der Cuxhavener Hühnerzuchtbetrieb Lohmann Tierzucht (LTZ) hat offenbar jahrelang gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Nach Informationen des Magazins Der Spiegel sollen LTZ-Mitarbeiter zur Optimierung der Tiere bei der Zucht „massenweise“ Kämme und Zehen von Hühnerküken amputiert haben.
Gegen die beiden LTZ-Geschäftsführer Hans-Friedrich Finck und Rudolf Preisinger ermittele die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Stade. „Aufgrund des laufenden Verfahrens kann sich das Unternehmen nicht detailliert zu diesen Vorwürfen äußern“, teilte LTZ am Samstag mit. Die angesprochenen Praktiken würden nicht mehr angewandt. LTZ gehört zur Firmengruppe von Erich Wesjohann, einem der weltgrößten Hühnerzuchtkonzerne, der über hundert Länder beliefert.
Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) kommt in einem Gutachten zum Schluss, dass für diese Verstöße keine tierärztliche Ausnahmegenehmigung vorlag. In Cuxhaven wurden dem Bericht zufolge zudem massenweise für die Zucht unbrauchbare Eintagsküken vergast. Töten ohne Grund ist laut Tierschutzgesetz ebenfalls verboten. Den Ermittlungen zufolge sind die toten Küken anschließend verbotenerweise bei der Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft im Hausmüll gelandet.
„Die Tötung von männlichen Eintagsküken ist im Bereich der Legehennenhaltung in sämtlichen Bio- und konventionellen Haltungsformen weltweit gängige Praxis und erfolgt in Cuxhaven gemäß der Nutztierschlachtverordnung“, rechtfertigte sich LTZ. „Die Lohmann Tierzucht hat niemals an die Bremer Entsorgungsgesellschaft männliche Küken geliefert.“
Angesichts der Ermittlungen gegen LTZ fordert die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft von EU, Bund und Ländern eine neue Regeln für eine artgerechte Nutztierhaltung. Sprecher Eckehard Niemann bezeichnete am Sonntag die Tierschutz-Offensiven von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und ihrem niedersächsischen Amtskollegen Gert Lindemann (CDU) als „kosmetische Änderungen“, die den Kern der agrarindustriellen Qualzucht unberührt ließen.
Am Montag will Lindemann neue Wege zur Verbesserung des Tierschutzes vorstellen. Hierzu gehören verbesserte Haltungsbedingungen in der Geflügel- oder Schweinemast. (dpa)