Der Wochenendkrimi : Von Muckern und Mördern
„Tatort: Schwelbrand“, So., 20.15 Uhr, ARD
Ein Konzert gegen rechts sorgt in Bremen für Chaos – und gibt den Machern dieses „Tatorts“ reichlich Gelegenheit Musikerklischees zu verbreiten. Denn alle auftretenden Künstler sind im selben Hotel untergebracht; in der Lobby trifft man sich am Vorabend zur lässigen Leistungsschau. Die Hiphopper von der B.wegung freestylen am Tresen rum, der Hamburger Soul-Heringshappen Stefan Gwildis improvisiert sich durch Bill Withers „Ain’t no sunshine“, und die Band Revolverheld zupft einen ihrer Hits so locker vom Hocker, als ständen da irgendwo die Kameras von „MTV unplugged“ rum.
Kurz, es ist schon ziemlich unerträglich, wie verkrampft unverkrampft die Viertel- und Halbstars aus Funk und Fernsehen hier präsentiert werden. Vollkommen unhaltbar wird der Einsatz der Musiker und ihrer Songs aber, wenn sie immer wieder stimmungsvoll gegen den marodierenden braunen Mob gegengeschnitten werden. Gute Lieder gegen böse Menschen? Selbst wenn man sich auf diesen simplen Antagonismus einlässt und einfach mal so tut, als ob die hier vorgetragenen Lieder tatsächlich gut wären – der „Tatort“ bleibt damit hinter dem eigenen Anspruch zurück.
Denn eigentlich will Autor und Regisseur Thorsten Näter, der für Radio Bremen so wunderbare und gesellschaftspolitisch relevante „Tatort“-Episoden wie „Schatten“ gedreht hat, eine etwas komplexere Milieugeschichte erzählen. Nämlich die von der Popsängerin Dana (Jeanette Biedermann im dramatischen Kunstlederoutfit), die sich mit Ehrgeiz aus der Bremer Soizialbausiedlung rausgespielt hat – und durch den Antifa-Auftritt von der eigenen Vergangenheit eingeholt wird. Erst prügeln Neonazis einen Plakatkleber ins Koma, dann bringt man die Assistentin des Popsternchens um. Die Spuren von beiden Taten führen ins rechtsradikale Milieu, zu dem Dana früher engen Kontakt pflegte.
Bei der Lösung des Falls agiert Kommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) als alte AKW-Aktivistin höchst emotional: Den antifaschistischen Starlets schenkt sie ein mütterliches Lächeln, für die Glatzen gibt es strenge Blicke. Man wird das Gefühl nicht los, dieser „Tatort“ sei eigentlich für den Kinderkanal gedreht worden.
CHRISTIAN BUSS