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Archiv-Artikel

Hartz IV schöngeredet

betr.: „Investitionen statt Alimenten“

Vielleicht sollte Herr Schmolke den Planungsstab des SPD-Parteivorstands in ein Gebäude der Arbeitsagentur verlagern, damit er in den Sitzungspausen die ermutigenden und aktivierenden Auswirkungen von Hartz IV auf den Fluren erleben kann. Dann würde ihm sein Schönreden dieser tollen Reform vielleicht im Halse stecken bleiben. Dass in der sozialen und demokratischen Gesellschaft von Herrn Schmolke der Hartz-IV-Empfänger an erster Stelle Mitgestalter ist, der etwas beizutragen hat, ist schlicht lachhaft. Wie zuvor schon der Sozialhilfeempfänger wird er gezwungen, sich zu demütigen, um vom Staat das Nötigste zum Leben zu bekommen. Das ist keine motivierende Gesellschaft, die zum Mitmachen ermutigt.

Auch wenn das Bürgergeld sicher noch nicht ausgereift ist, so liegt für mich der Charme dieser Idee gerade darin, dass durch ein bedingungsloses Grundeinkommen der Zwang entfällt, jeden miesen Job zu jeder miesen Bedingung annehmen zu müssen. Statt 40 oder mehr Stunden pro Woche kann man auch weniger arbeiten und sich den Rest der Zeit der Teilhabe an der Gesellschaft zu widmen.

Herr Schmolke sieht individuelle Talente und Leistungen offensichtlich nur in der Arbeitswelt richtig gefördert. Gerade an der Nichtanerkennung unbezahlter Arbeit krankt aber unsere Gesellschaft. Vielleicht würde ja das Grundeinkommen die bezahlte Arbeit ein wenig von ihrem Thron herunterholen, was jene, die ausgeschlossen sind, sicher mehr ermutigt als der nächste 1-Euro Job.

Leistungsfeindlich und unsozial nennt der Befürworter der leistungsfreundlichen und sozialen Hartz-IV-Gesetze das Grundeinkommen. Auf mich wirkt diese Sicherung ohne Rechtfertigungszwang einfach nur befreiend und anregend. Und wenn sich Herr Schmolke Sorgen um die Finanzierung macht, so sollte er im SPD-Planungsstab einmal über die leistungsfeindlichen Auswirkungen von leistungslosen Kapitaleinkünften diskutieren und wie man diese für das Grundeinkommen nutzbar machen kann. Dann hätte die SPD zu dieser Diskussion auch etwas Sinnvolles beigetragen, denn sein taz-Artikel war es sicher nicht. RALF FRÜHWIRT, Leimen

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