piwik no script img

Radikale Harmlosigkeit

Laura Owens Bilder haben offenbar jedem etwas zu bieten. Die Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst in Münster zeigt das wundersam verspielte Werk der jungen US-amerikanischen Malerin

VON KATJA BEHRENS

Ihre ersten großen Einzelausstellung hatte Laura Owens 2003 im Museum of Contemporary Art in Los Angeles und im Milwaukee Art Museum. Damals war sie gerade zweiunddreißig Jahre alt und ihre Arbeit erntete großen Beifall. Das hat sich bis heute kaum geändert. Die in Los Angeles lebende Künstlerin (geboren 1970 in Euclid/ Ohio) ist ein gefeierter Jungstar, ihre Arbeiten finden sich in vielen öffentlichen und privaten Sammlungen. Das macht erst einmal skeptisch. Wird hier das Werk einer frühreifen Künstlerin hochgelobt, das den Bedürfnissen eines der Theorie und Politik, Konzept und Medienkunst müden Publikums entgegenkommt? Oder handelt es sich um den ewigen Aufruf zum neuen Aufbruch in der Malerei, zu einem post-postmodernen Triumph einer wiederentdeckten Sinnlichkeit?

Die großformatigen, teils Wand füllenden Gemälde in der Ausstellungshalle Zeitgenössische Kunst in Münster sind fröhlich und bunt, eklektisch und voll visueller Anspielungen. Sie sind narrativ und surrealistisch, virtuos gemalt und eloquent. Sie eröffnen einen Dialog mit der Geschichte der Malerei und den visuellen Kulturen unserer globalen Lebenswelt. Und sie gestatten sich die selbstbewusste Aneignung, die Künstlerinnen der vorherigen Generationen erst mühevoll erringen mussten. Laura Owens malt offenbar ohne von sozialer Isolation oder von Abhängigkeiten bedroht zu sein. Eine idealistisch-verbohrte Kritik würde in den Gemälden eher freche Sinnbilder der Verdrängung als Metaphern für Welterleben erkennen und sich damit selbst als hoffnungslos romantisch zu erkennen geben.

Den ersten Zugang zu den dichten Malereien bieten neben den Farben die Gegenstände mit ihren kunst- und kulturhistorischen Bezügen, die phantastischen Tier- und Menschengestalten, die Zahlen und Pflanzen, die direkt aus der Tube gequetschten Farbwürste und die aufgeklebten Filzflecken. Schon bald wird das Gewebe des Bildes als vielstimmige Weltmusik vernehmbar, die Muster und taktile Strukturen von Tapisserien und Stickereien des 18. Jahrhunderts, chinesische Landschaftsmalerei, Op Art, Volkskunst, japanische Drucke, Comic Art und Farbfeldmalerei ebenso aufnimmt wie Anregungen der Fotografie.

Beatrix Ruf vom Kunsthaus Zürich hat die große Wanderausstellung von Laura Owens initiiert und kuratiert. Jedes Ausstellungshaus – neben Zürich und Münster noch das Camden Arts Center in London und das Bonnenfanten-Museum in Maastricht – kann aus einem großen Konvolut von Werken aussuchen, die nach Europa transportiert wurden und so eigene Schwerpunkte setzen.

Zum ersten Mal überhaupt gewährt die Künstlerin dem Publikum Einblick in ihre Arbeitsweise. Neben dreizehn großformatigen Gemälden sind in Münster vierzig der kleineren Leinwandstudien zu sehen, wo sie, wie in einer Art Testreihe mit Kompositionen und Materialtechniken experimentiert. Owens findet ganz offensichtlich immer gute Gründe, eine Linie zu ziehen oder eine Farbe aufzutragen. Auch wenn den Bildern dadurch kein Mehr an Bedeutung zuwächst, ist die erkennbare Ernsthaftigkeit der Künstlerin erstaunlich. So wird die Rezeption ihrer Kunst beinah zwangsläufig in den Kontext des Bild- und Malereidiskurses der 1980er und 1990er Jahre gestellt. Die Malerei ist also wieder einmal gerettet.

Doch die Bilder Laura Owens sind (außer in Bezug auf ihre Größe) weder sperrig noch queer, und keinesfalls ist ihr Ansatz besonders neu. Allenfalls ihre radikale Harmlosigkeit könnte als Provokation aufgefasst werden. Jede „politische“ Implikation bleibt – Andy Warhol grüßt von Ferne – hinter oder unter der schönen bunten Oberfläche verborgen. „Letzten Endes will man doch das Bild machen, das man um sich haben möchte. Nicht eines, das einem ständig erzählt, was es weiß,“ sagt die Künstlerin. Das ist ein gutes Argument – auch für Dekoration.

Bis 24. April 2007Infos: 0251-4924100

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen