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„Orientierung am Mond“

FAUNA Nachtfalter-Expertin wird am „Leuchtabend“ die überraschend bunten Tiere aus der Nähe zeigen

Birgitt Piepgras

■ 55, Kauffrau, erforscht seit 2006 Nachtfalter und ist im Verein für naturwissenschaftliche Heimatforschung aktiv.

taz: Frau Piepgras, warum sollen wir uns die hässlichen Nachtfalter jetzt auch noch aus der Nähe ansehen?

Birgitt Piepgras: Wie kommen Sie darauf, dass Falter hässlich sind? Um diese Vorstellung zu widerlegen, veranstalten wir ja diese Leuchtabende. Wir wollen den Menschen zeigen, wie kunterbunt die Nachtfalter sind.

Bei einem nachtaktiven Tier ist das doch Verschwendung.

Nein. Es ist eine Tarnung, damit sie sich tagsüber in der bunten Welt besser verstecken können.

Die Falter heißen Kleinbär, Dickkopffalter oder Eule. Woher kommen diese Namen?

Am leichtesten kann man das bei der Familie der Eulen erklären. Bei diesen Faltern sind die Haare rings um die Augen so angeordnet wie bei einer Schleiereule.

Wie viele Falterarten gibt es?

In Schleswig-Holstein 850, in ganz Deutschland rund 1.160.

Wozu sind Falter nütze?

Sie sind wichtiger Bestandteil der Nahrungskette. Alle Stadien der Falter – Raupe, Puppe, Falter – finden ihre Abnehmer. Das sind vor allem Vögel, Amphibien und Fledermäuse.

Und was brauchen die Nachtfalter selbst zum Überleben?

Die Raupen brauchen Pflanzen wie Schilfrohr und Wildkräuter, und die Falter ein reiches Blütenangebot, das angesichts der riesigen Monokulturen oft fehlt.

Wie locken Sie die Falter beim heutigen Leuchtabend an?

Mit Hilfe einer Speziallampe, die dem Licht des Mondes sehr nahe kommt. Sie ist im Inneren eines Turms, der mit Gaze bespannt ist. Schalte ich die Lampe an, kommen die Falter, weil sie sie für den Mond halten, und setzen sich auf die Gaze. Ich gebe sie dann in kleine Dosen, sodass wir sie genau betrachten können, bevor wir sie wieder freilassen.

Halten Falter alle Lampen für den Mond?

Nein. Die Lampe muss eine Frequenz haben, die dem Mondlicht sehr ähnelt.

Was finden die Falter eigentlich am Mond?

Er dient ihnen als Orientierungshilfe: Die Strahlen des Mondes scheinen aufgrund der Entfernung parallel auf die Erde. Der Falter visiert sein Ziel an, ermittelt den Winkel, in dem es zum Mond steht. Diesen Winkel hält er konstant ein, was zu einem geraden Flug führt. Die Strahlen der nahen Glühbirne fallen aber radial. Orientiert sich Falter daran, verschiebt sich die Flugbahn ständig, sodass er spiralförmig um die Lampe fliegt.  INTERVIEW: PS

Leuchtabend: 22 Uhr, Carl Zeiss Vogelstation, Wedel. Taschenlampe mitbringen, denn der der Weg vom Parkplatz am Fährmannssand zur Station ist unbeleuchtet

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