: Die Guttenberg-Erklärung
AFFÄRE Im Wortlaut: Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenbergs Erklärung zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit vom 18. Februar 2011[1]
„Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir. Sie ist über etwa sieben Jahre neben meiner Berufsabgeordnetentätigkeit als junger Familienvater in mühevollster Kleinarbeit entstanden und sie enthält fraglos Fehler.[2]Über jeden einzelnen dieser Fehler bin ich selbst am unglücklichsten.[3]Es wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht oder bewusst die Urheberschaft nicht kenntlich gemacht.[4]
Sollte sich jemand hierdurch oder durch unkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fußnoten bei insgesamt 1.300 Fußnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid.[5]Die eingehende Prüfung und Gewichtung dieser Fehler obliegt jetzt der Universität Bayreuth.[6]Ich werde selbstverständlich aktiv mithelfen, festzustellen, inwiefern darin ein wissenschaftliches, ich betone, ein wissenschaftliches Fehlverhalten liegen könnte. Und ich werde gerne bis zum Ergebnis dieser Prüfung vorübergehend, ich betone, vorübergehend auf das Führen des Titels verzichten – allerdings nur bis dahin.[7]Anschließend werde ich ihn wieder führen.[8]
Ich werde mir keine anderen Maßstäbe anlegen, als ich sie bei anderen angesetzt hätte. Jede weitere Kommunikation über das Thema werde ich von nun an ausschließlich mit der Universität Bayreuth führen.[9]Die Menschen in diesem Land erwarten, dass ich mich um das fordernde Amt des Verteidigungsministers mit voller Kraft kümmere, und das kann ich auch. Wir stehen vor einer historischen Bundeswehrreform und ich trage die Verantwortung für die Soldaten im Einsatz, wie ein Ereignis an dem heutigen Tag einmal mehr auf bittere Weise zeigt.“[10]
1 Die Wortlauterklärung entstammt einem Bericht der Nachrichtenagentur dapd. Vgl. MAW0162 vom 18. 2. 2011 um 12.42 Uhr.
2 Guttenberg ist seit dem Jahr 2002 Mitglied des Deutschen Bundestags, zudem Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, der Atlantik-Brücke und des Aspen-Instituts, seit 2005 Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft, Mitglied der Deutsch-Britischen Parlamentariergesellschaft und der Europa-Union Parlamentariergruppe. Weiterhin gehört Guttenberg dem Kreistag von Kulmbach an. Bis 2008 war Guttenberg CSU-Vorsitzender von Guttenberg/Franken. Vgl. www.guttenberg.de/person.php, www.dgap.org/dgap/mitgliedschaft-in-der-dapap/. Guttenberg ist verheiratet und hat zwei 2001 und 2004 geborene Töchter. Vgl. Bundestagsbiografie. Er promovierte 2007 an der Universität Bayreuth mit der Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag: Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“. Das 2009 veröffentlichte Werk stand am Freitag um 15.23 Uhr auf Platz 526 der Amazon-Bestsellerliste. Vgl. amazon.de. Am selben Tag wurde die elektronische Version der Promotionsschrift vom Verlag Duncker & Humblot zurückgezogen. Die in 400 Exemplaren gedruckte Ausgabe war ausverkauft. Vgl. Deutsche Presseagentur vom 18. 2. 2011, Landesdienst Berlin, brb0083 vom 18. 2. 2011 um 15.09 Uhr.
3 In seiner ersten Erklärung am 16. 2. 2010 hatte Guttenberg den Vorwurf, seine Doktorarbeit sei ein Plagiat, als „abstrus“ bezeichnet. Vgl. Deutsche Presseagentur, bdt0125 vom 18. 2. 2011, 10.14 Uhr
4 „Es“ bezieht sich offenbar auf Guttenberg selbst, da dieser zuvor betont hatte, alleiniger Autor des Werks zu sein. Vgl. Anm. 3, a. a. O.
5 Dieser Satz bezieht sich möglicherweise auf Klara Obermüller, deren Text zur europäischen Verfassung in der Neuen Zürcher Zeitung von Guttenberg ohne Kenntlichmachung in seinem Werk abschrieb. Diese nannte Guttenbergs Vorgehen „schlechten Stil. Und auf Stil, Herr Minister, legen Sie doch sonst so besonders Wert.“ Vgl. Die Welt, 18. 2. 2011: „Zeigen Sie Stil, Herr zu Guttenberg!“, S. 23.
6 Der Präsident der Universität Bayreuth, Bormann, verlangte am 17. 2. 2011 eine Stellungnahme Guttenbergs zu den Vorwürfen. Er erwarte den Eingang dieser Erklärung in den nächsten 14 Tagen. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), „Universität Bayreuth will Erklärung Guttenbergs“, 18. 2. 2011, S. 1.
7 Das Führen eines Doktortitels steht jedem Promovierten frei. Insofern ist die Erklärung Guttenbergs, zeitweise darauf verzichten zu wollen, ohne rechtliche Relevanz. Vgl. auch Promotionsordnung der Universität Bayreuth, Rechts- und Wirtschaftliche Fakultät vom 27. November 1979 in der Fassung der Fünften Änderungssatzung vom 30. März 2000, S. 9 f.
8 Guttenberg geht offenbar davon aus, seinen Doktortitel auch nach einer Prüfung behalten zu dürfen. Dies unterliegt jedoch einer Prüfung der Universität Bamberg, deren Präsident eine Aberkennung nicht ausschließen wollte. Vgl. ebd., S. 9, FAZ, a. a. O.
9 Bereits seine hier abgedruckte Erklärung hatte Guttenberg nur gegenüber ausgewählten Journalisten abgegeben, was zum Protest der akkreditierten Berichterstatter der Bundespressekonferenz führte. Noch am selben Tag entschuldigte sich Guttenberg für sein Verhalten bei den Hauptstadtjournalisten. Vgl. Nachrichtenagentur dapd vom 18. 2. 2011, MAW196 um 13.58 Uhr, sowie dapd, MAW0215 vom 18. 2. 2011 um 14.51 Uhr.
10 Guttenberg bezog sich auf die Information, dass zwei Angehörige der Bundeswehr am 18. 2. 2011 in Afghanistan ums Leben gekommen waren. Vgl. Nachrichtenagentur dapd vom 18. 2. 2011, MAW0257 um 16.27 Uhr.