: Völlig logisch, dass wir am Maxim Gorki Theater Kleist spielen
KÜSSE UND BISSE – NOTIZEN ZUM KLEIST-JAHR (3): Armin Petras über den besten Dramatiker aller Zeiten
Meine erste Erfahrung mit Heinrich von Kleist war zunächst eine schmerzhafte. Ich weiß nicht mehr, wie alt ich war, als mir eines Tages eines der Bücher aus dem Bücherschrank meines Vaters auf den Kopf fiel. Es war „Robert Guiskard“, also ein Fragment von Kleist. Das war ein besonderer Moment, denn ich habe das Buch erst mal nicht aus der Hand gelegt und über all die Jahre immer wieder gelesen. Leider habe ich es nie verstanden, weil es einfach viel zu kompliziert ist.
Mein Lieblingstext ist übrigens der „Prinz Friedrich von Homburg“, weil es am meisten mit mir selbst zu tun hat. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass es von Preußen und Brandenburg handelt und den Stil, hier in Berlin zu sein, am besten beschreibt.
Meiner Meinung nach ist Heinrich von Kleist der beste deutsche Dramatiker, den es jemals gab. Vielleicht wird es irgendwann mal einen Besseren geben, aber bisher kann ihm da niemand den Rang ablaufen. So ist es auch völlig logisch, dass wir am Maxim Gorki Theater Kleist spielen. Viele nennen es ja bereits das heimliche Kleist-Theater. Wir haben Kleist schon seit der ersten Spielzeit im Programm. Am Anfang meiner Intendanz am Gorki-Theater gab es gleich zwei Kleist-Werke, die wir aufgeführt haben. Kleist ist danach nie wieder aus dem Programm entschwunden.
Heinrich von Kleist wird ja von vielen immer als Krisenspezialist bezeichnet, weil nicht nur er, sondern auch die Zeit, in der er lebte, von vielen Katastrophen geprägt war. Das ist auch das Aktuelle an Kleist, denn auch in Deutschland spricht zurzeit jeder von Krisen. Kleist hat in all seinen Werken einen durch die Welt gehenden Riss aufgezeigt, der Ursprung für viele seiner Ideen und Projekte war.
Sowieso war er einer der größten Projektemacher, die es je gab. Er hat stets an neuen gearbeitet. Als Kleist 1809 wieder nach Berlin kam, wollte er endgültig sein bisher ausgebliebenes Glück finden. Wie heutzutage dachten die Menschen schon damals, dass Berlin ein guter Ort sei, kreativ zu werden. Es ist die Rastlosigkeit, die Kleist und mich verbindet: Beide sind wir durch verschiedene Unterfangen viel in der Welt herumgekommen.
Dramatischerweise ist das einzig geglückte Projekt in Kleists Leben sein Selbstmord. Gott sei Dank waren einige meiner Projekte erfolgreich, so dass ich nicht mit dem Gedanken spiele, mein Leben ähnlich wie Kleist zu beenden. Der nächste große Event, der ins Haus steht, ist übrigens im November das dreiwöchige Kleistfestival im Gorki-Theater. Da werden wir alle acht dramatischen Werke Kleists auf die Bühne bringen. Wir wollen ihn erfahrbar und lebendig für das Publikum machen.
Drumherum gibt es noch ein großes Programm von und über Kleist, bei dem wir mit mehreren Ausstellungen zusammenarbeiten. Vorverkauf läuft ab jetzt!
ARMIN PETRAS
■ 2011 ist Kleist-Jahr. Am 21. November 1811 hat der Dichter sich erschossen. Wir drucken, immer am 21. eines Monats, Notizen zu Leben und Werk dieses seltsamsten deutschen Klassikers. – Armin Petras ist Intendant des Berliner Maxim Gorki Theaters. Aufgezeichnet wurde der Text von Christina Steenken