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Archiv-Artikel

Erste Hochschule boykottiert Unigebühren

Studenten der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe legen Gebühren auf Sperrkonto. 24 weitere Unis sollen folgen

BERLIN taz ■ Es ist ein kleiner Erfolg, aber ein wichtiger. An der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe verweigert über ein Drittel der Studierenden die Zahlung der Studiengebühren. Sie haben ihre 500 Euro für dieses Semester auf einem Treuhandkonto geparkt, wo das Geld eingefroren wird. Die Studierenden wollen das Bezahlstudium verhindern.

Sie riskieren damit freilich ihren Rauswurf. Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) bekräftigte gestern: Wer nicht zahlt, fliegt. „Man sollte nicht mit dem Feuer spielen“, sagte Frankenberg der taz. „Ich erwarte von den Studierenden Solidarität mit der Hochschule.“

Die GebührengegnerInnen sehen das ganz anders. Der Karlsruher Boykotterfolg sei ein „Dammbruch, der Bewegung in den Boykott bringt. Andere Unis werden dem folgen“, sagte Fredrik Dehnerdt, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, der taz. Boris Bartenstein, Vorsitzender des Studierendenausschusses an der Uni Karlsruhe, sagte: „Jetzt ziehen wir mit der ersten ‚Eliteuni‘ nach.“ An der Uni Karlsruhe, die im Oktober in der Exzellenzinitiative erfolgreich war, beginnt der Boykott übermorgen. Bis zum 25. März ist dann für 4.500 der 18.000 Studierenden Zeit, die Gebühren auf einem Sperrkonto zu deponieren.

Die Hochschule für Gestaltung, wo der prominente Philosoph Peter Sloterdijk Rektor ist, gilt mit 412 Studierenden als eine der kleinen Hochschulen, die sich am zivilen Ungehorsam beteiligen. Doch war es bislang fraglich, ob überhaupt eine Hochschule die selbstgesteckten Ziele erreicht: Erst wenn 25 bzw. 30 Prozent der Studierenden sich an dem Boykott beteiligen, bleibt das Geld auf den Sperrkonten. In Lüneburg, Wilhelmshaven und Hildesheim waren die Quoten nicht erreicht worden.

Auch ein landesweites Ziel haben sich die StudentInnen gesteckt. An den baden-württembergischen Protest-Unis in Karlsruhe, Freiburg, Heidelberg, Mannheim und Stuttgart sollen mindestens 10.000 Studierende die Gebührenzahlung verweigern. Dann dürfte der Wissenschaftsminister Frankenberg vor einer schweren politischen Abwägung stehen: Exmatrikuliert er tatsächlich alle studentischen Boykotteure – oder gibt es einen dritten Weg, sprich: Wird die Gebühr nochmal überdacht?

„Niemand wird sich erlauben können, 30 Prozent seiner Studierenden vor die Tür zu setzen“, hofft hingegen Asta-Sprecher David Howoldt, der den Boykott an der Karlsruher Hochschule organisiert hat. „Wir haben gezeigt, dass es funktioniert. Und das geht auch an jeder anderen Uni.“ So könnte das Ländle als große Gebührenbastion mit dem Boykotterfolg der Studierenden ernstliche Probleme bekommen – und Nachzüglern wie Hessen als Beispiel dienen, wo vom Wintersemester an Studiengebühren erhoben werden.

Die Gebührenverweigerer erhalten Unterstützung aus dem Gewerkschaftslager. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ruft die Studierenden zum Gebührenboykott auf. Auch der DGB und verschiedene Landtagsfraktionen unterstützen die Aktion in den verschiedenen Ländern. Insgesamt wollen sich 25 Hochschulen in Niedersachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg an dem zivilen Ungehorsam beteiligen. Sie haben Treuhandkonten eingerichtet. Wie erfolgreich der Boykott letztlich verlaufen wird, wird sich am 15. Februar zeigen. Dann laufen an vielen der Boykott-Universitäten die Rückmeldefristen ab.

MARTIN KAUL