Ein Sonnenschirm gegen die Erderwärmung

Mit auf den ersten Blick absurden Ideen wollen Forscher der Klimaveränderung entgegenwirken. Über die „Nebenwirkungen“ wird gestritten

Not macht erfinderisch: Angesichts mangelnder Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz werden einst als abstrus verworfene Ideen einfallsreicher Wissenschaftler zusehends ernstgenommen.

Ein gigantisches Sonnensegel im All oder Schwefelstaub in der Atmosphäre scheinen gegenwärtig mehr Erfolg zu versprechen als das Kiotoprotokoll. Die Entwürfe der Wissenschaftler „sind Teil der Debatte geworden, auch wenn es weiter große Vorbehalte gibt“, sagt der französische Klimaforscher Jean Jouzel.

Eine dieser Ideen ist die Einrichtung riesiger „Sonnenschirme“ im All. Ihr Erfinder, der Optikprofessor Roger Angel von der Universität Arizona, hält sechs riesige Spiegel im All, die einen Teil der Sonnenstrahlung reflektieren und auf diese Weise von der Erde fernhalten, für eine mögliche Lösung des Problems der Erwärmung.

Eine Art Spinnennetz aus riesigen Streben würde sechs schwenkbare Spiegel vor die Sonne halten und so die zur Erde gelangende Sonnenenergie um zwei Prozent reduzieren. Das Netz würde sich über 2.000 Kilometer ausdehnen und an einem Punkt installiert sein, der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist.

Wem dieser Vorschlag bizarr und unrealistisch erscheint, der wird sich über die US-amerikansiche Raumfahrtbehörde Nasa wundern: Sie forderte Angel im Oktober auf, einen detaillierten Plan seines Projektes aufzustellen. Die Kosten der Anlage schätzt der Wissenschafter auf drei Billionen Dollar (2,35 Billionen Euro). Das entspricht zwei Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes.

Einfacher in der Umsetzung scheint dagegen der Einfall des niederländischen Chemie-Nobelpreisträgers Paul Crutzen, der sich in seiner Arbeit intensiv mit dem Ozonloch befasst. Crutzen schlägt vor, in der äußeren Erdatmosphäre Teilchen von Schwefeldioxid auszustreuen, die ebenfalls Sonnenlicht und damit Wärme ins All reflektieren. Die Partikel würden nach einigen Jahren wie Staub auf die Erde fallen – doch solange sie von stratosphärischen Winden getragen werden, könnten sie die Atmosphäre erheblich abkühlen.

Die Idee für den Schwefelstaub kam Crutzen nach dem Ausbruch des Vulkans Mount Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 – dabei wurde so viel Asche in die Atmosphäre gestoßen, dass die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche zwei Jahre lang um bis zu einem halben Grad Celsius sank. AFP