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Archiv-Artikel

RUDOLF BALMER ZU ANTIISRAELISCHEN AUSSCHREITUNGEN IN FRANKREICH Falsche Feindbilder

Die Nahostpolitik der französischen Staatsführung und ihre Haltung gegenüber Palästina steht spätestens seit Sonntagabend zur Debatte. In Paris und Sarcelles, einem Vorort der französischen Hauptstadt, gab es bei antiisraelischen Kundgebungen schwere Ausschreitungen. Demonstranten wollten Synagogen angreifen, in Sarcelles wurden mindestens zwei Geschäfte jüdischer Ladenbesitzer in Brand gesteckt. In beiden Fällen fanden die Kundgebungen trotz behördlichen Verbots statt. In einem Dutzend anderer Städte waren die Demonstrationen bewilligt worden – sie verliefen ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Der kausale Zusammenhang scheint auf der Hand zu liegen: Mit der Einschränkung des Demonstrationsrechts haben die Behörden Öl ins Feuer gegossen. Das massive Polizeiaufgebot, das die Kundgebung verhindern sollte, war provokativ. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit.

Für einen großen Teil der Bevölkerung ist die Position der Staatsführung, die sich für das legitime Recht Israels auf Sicherheit ausspricht, sich umgekehrt aber für das trostlose Schicksal der palästinensischen Bevölkerung kaum zu interessieren scheint, schlicht zu einseitig.

Und das ist ein guter Nährboden für Verbitterung und um sich greifende Ressentiments, für den ohnehin schwelenden Antisemitismus. In seiner gewaltsamen Form bleibt dieser zwar marginal. Trotzdem sollte die französische Regierung die Straße nicht durch paradoxe Restriktionen und übertriebene Einseitigkeit den radikalsten Kräften überlassen. Sie setzt sich sonst dem Verdacht aus, mit der entstandenen Gewalt nur die eigene Repression rechtfertigen zu wollen. Kurzum: Die Solidarität mit Palästina wie mit Israel muss sich demokratisch ausdrücken können. Sonst wächst eine Frustration, die falsche Feindbilder schafft.