Die Udo-und-Gerhard-Show in Berlin

Auf dem NPD-Parteitag übt man den Schulterschluss mit militanten Neonazis und schüchtert die Presse ein

BERLIN taz ■ Die NPD hat ihren Bundesparteitag in Berlin dazu genutzt, ihre Bündnisstrategie mit DVU und militanten Kameradschaften zu beschwören. „Wir erwarten uns von diesem Parteitag ein deutliches Signal der Geschlossenheit“, hatte Parteichef Udo Voigt bereits vor Beginn verkündet. Die NPD-Führung gab alles, diese Botschaft in die Öffentlichkeit zu tragen.

Ihr wichtigstes Mittel: Stärker denn je wurde die Arbeit der Presse eingeengt. Journalisten durften nur ausgewählten Jubelreden von Parteichef Voigt und DVU-Chef Gerhard Frey lauschen – bei den entscheidenden Aussprachen und Vorstandswahlen mussten sie den Saal verlassen. Erstmals setzte die Partei sogar neben der berüchtigten Ordnertruppe junge Frauen als „Pressehostessen“ ein, die die Berichterstatter zusätzlich kontrollierten.

An der „Marschrichtung“ für die kommenden Jahre ließ Parteichef Voigt auch vor laufenden Kameras keinen Zweifel: Die NPD müsse zunächst den „kommunalen Unterbau schaffen“, bevor sie nach „Höherem strebe“. Er rief die Basis auf, stärker um Plätze in Kommunalparlamenten zu kämpfen und so die Grundlage für weitere Wahlerfolge zu schaffen.

Das Ergebnis der Vorstandsneuwahl dokumentiert, dass die Delegierten dabei offensiv auf die Hilfe der militanten Neonaziszene setzen. Eine Strategie, die sich zuletzt bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern als erfolgreich erwiesen hatte und in der Partei inzwischen offensichtlich als alternativlos gilt. Die militanten Neonazis fordern jedoch für ihren Einsatz auch Einfluss in der Partei. So wurde laut dem Parteisprecher von einigen Basisverbänden der vor zwei Jahren in den Bundesvorstand gewählte Kameradschaftsführer Thorsten Heise als Gegenkandidat zu NPD-Chef Voigt nominiert. Ein Scherz? Wohl kaum, auch wenn Heise das Angebot ablehnte und Voigt mit großer Mehrheit im Amt bestätigt wurde. Die Botschaft lautet: Die jungen Neonazis sind auf dem Vormarsch in der NPD.

Auch die Zusammensetzung des Vorstands dokumentiert das Ringen der Neuen um Einfluss: Neben Heise wurde Kameradschaftsaktivist Thomas Wulff erstmals als Beisitzer in den Vorstand gewählt. Dort wird zudem künftig der vermögende Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger mitreden. Er scheiterte zwar mit seiner Bewerbung um einen Vizeposten, brachte es aber immerhin zum Beisitzer. Schon wegen seines Vermögens muss die NPD an ihm interessiert sein. Denn nach Steuerbetrügereien im Thüringer Landesverband blüht der Partei eine Rückforderung des Bundestags von knapp 870.000 Euro. Woher die Partei das Geld nehmen wird, konnte Voigt nicht beantworten. Er schloss nicht aus, notfalls sogar alle Mitglieder zur Spende aufzurufen.

Auf Geld von DVU-Chef Gerhard Frey darf die Partei wohl nicht hoffen. Zwar bemühte sich der Münchner Verleger am Wochenende trotz seines schwinden Einflusses im Pakt mit der NPD, als rundum zufriedener Wunschpartner zu erscheinen. Vom Einsatz seines Vermögens für die NPD wollte er aber nichts wissen: „Beantworten Sie sich Ihre Fragen doch selbst!“, raunzte er einen Journalisten an, der sich danach erkundigt hatte.

ASTRID GEISLER