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Peter Unfried über CHARTSNur die Jungen sterben jung

Die Charts: Heute mit The Who, Kurt Felix und Paola und natürlich mit BAP

Das ist doch mal wieder eine Band. Die Melodien der Who. Die Gitarren der Who. Die Energie der Who. Und das Beste: Es sind nicht die neuesten 60s-Adepten aus Manchester oder Schweden. Es sind The Who. Ob die Opas alright sind, wie der deutsche Rolling Stone schrieb, müssen andere entscheiden, das neue Album „Endless Wire“ ist es definitiv. Sie zitieren die 60s nicht. Sie machen einfach Rockmusik, wie es Buben nicht können, sondern nur alte Männer, die auch schon vor 40 Jahren welche gemacht haben. Da ist die erwachsene Stimme von Daltrey, die erwachsene Stimme von Townshend. Man will sie nicht mehr rumhüpfen sehen, aber gerne in einem bestuhlten Konzert.

Etwas kompakter könnte das Album sein, dafür wird das eigene Tun nicht unnötig überhöht (wie einst). Textprobe: „I gave you cash/I gave you love/ all that I heard was/It’s not enough.“ Das ist nicht Retro, das zeigt uns, dass die Alten dieselben heiligen Sorgen haben wie andere auch. 25 Jahre nach dem letzten großen Song („You Better, You Bet“) sind The Who, also ist Pete Townshend, da angekommen, wo bisher nur Neil Young, Bob Dylan und wenige andere sind. Das hier ist Classic Rock. Im besten Sinne und nicht in der nostalgischen Pervertierung der gleichnamigen FM-Radiosender. „It’s not enough“, „Endless Wire“, „We got a hit“, „Mirror Door“, hier sind viel mehr starke Stücke als auf den beiden letzten Alben („Face Dances“, „It’s hard“) zusammen. Hier wird nicht etwas Ausgestopftes als scheinbar lebendig vorgeführt. Oder … sind es vielleicht doch nur die alten Riffs, in denen auch die eigene Vergangenheit nostalgisch anklingt? Noch mal testhören. Nein, das ist ein Spätwerk, das lebt. Und überhaupt gilt: Only the Young die young.

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Samstagabend sangen die aus der Schweiz stammenden Künstler Paola und Kurt Felix im ersten deutschen Fernsehen „Blue Bayou“. Es war wie einst bei „Verstehen Sie Spaß“: Paola wollte sprechen, kam aber nicht zu Wort. Und Felix sah man an, wie verbissen er auch an dieser ganz und gar unspaßigen Inszenierung gearbeitet haben musste. Jedenfalls fiel mir da wieder auf, dass wegen Paola der Song „Blue Bayou“ am Standort Deutschland jahrzehntelang tabu war. Kramte also Linda Ronstadts „Simple Dreams“ raus, hörte das Original und muss sagen: zu Recht. Danke, Paola.

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An der Kölner Band BAP kann sich heute ernsthaft kein kreativer Postmaterialist mehr reiben. Erstens gibt es keine verbissenen Linken mehr, zweitens ist die historische Leistung der Band ja wohl unumstritten. Irgendjemand hatte mir letzte Woche eine Platte reingeschoben, auf der BAP alte Songs für 2006 neu aufgenommen haben. Dass in „Frau, ich freu mich“ statt „Diana“ nun „Camilla“ gesungen wird, mag noch nicht Gegenwartsrelevanz nachweisen. Aber es gibt eine richtige Entdeckung: „Wellenreiter“ (aus deeem Album „Vun Drinne noh Drusse“ von 1982). Das war damals Ray Davies’ „Dedicated Follower of Fashion“ weitergedacht. Selbstverständlich populistisch, weil man sich mit solchen Songs schön abgrenzen konnte von den Wellenreitern, den Müsli-Männern, also den anderen Idioten. Und jetzt hört man diese neue Version, und das Verblüffende: Der Text steht wie eine Eins. Wer will, kann es, zum Beispiel, im Zusammenhang mit der zynischen Variante der Neuen Bürgerlichkeit lesen. Vor allem fällt mir nach einem Vierteljahrzehnt auf, dass Wolfgang Niedecken den Wellenreiter ja nicht nur abwatscht. Der Schlüsselsatz lautet: „Was ist bloß passiert, dass du so mutlos bist?“ Könnte Satz des Jahres 2006 werden. Dann sagt er: „Doch könnte sein, dass – je nachdem – noch was zu ändern ist.“ Voraussetzung sei, dass der Wellenreiter sich selbst ändere. Das kommt musikalisch so entspannt daher und groovt (ja, wirklich!) dermaßen, dass man nicht denkt: Ach, fick dich. Sondern: Warum eigentlich nicht?

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Die Charts im November:

Song: „Mirror Door“ – The Who

Film: „Scoop“ (Allen, Johansson)

Buch: „Träume von Jamaika“ – Franz Walter

Fragen zu Endless Wire? kolumne@taz.de Morgen: Jörn Kabisch über DAS GERICHT

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