: Figaros Farben
■ Fanny Müller:
Als ich in meinen Frisörladen stürme – heute soll es eine neue Farbe geben, das wird wieder teuer –, kommt mir Frau P. in einem superschicken blauen Pulli entgegen: „Eine Katastrophe! Können Sie noch eine Stunde warten?“ Sie deutet auf eine Kundin. Chanelkostüm, Perlenkette und knallgrüne Haare. Gott bewahre. „Sie hat nicht gesagt, daß sie es vorher selbst mit irgendwas gefärbt hat. Ich muß da noch mal ran!“ Ich finde mich in der Boutique nebenan wieder, wo ich den superschicken Pulli von Frau P. entdecke, aber in Rot. Liebe auf den ersten Blick. Gut, daß es Euroschecks gibt. Ich behalte ihn gleich an.
Drei Stunden später bricht eine neue Krise aus. Meine Haare sind klasse, einfach ein Traum, aber das Rot beißt sich mit dem Pulli. Grauenhaft. Den kann ich praktisch wegschmeißen. Als erwachsener Mensch sollte man in der Öffentlichkeit eigentlich nicht losschluchzen. Frau P. ist eine resolute Frau: „Sie kommen jetzt mal mit nach hinten!“ Kurz danach verläßt eine glückliche Kundin den Laden. In Blau. Frau P. winkt mir hinterher. In Rot. Sie hat behauptet, daß der rote ihr sowieso besser steht.
Ich beschließe, das mal zu glauben. Wenn man seiner Frisörin nicht vertrauen kann, wem sonst? Außerdem sollte man ein nobles Angebot nicht von sich weisen. Und schon gar nicht dann, wenn man jahrelang den Laden quasi mitfinanziert hat. Ich zum Beispiel fahre im Urlaub nach Klein-Fredenbeck, und Frau P. fährt nach Mauritius.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen