: Weisheit lacht!
■ Super: Helge Schneider ist jetzt ein Entertainer
Da wir hier nicht versuchen wollen, so lustig zu sein, wie Helge-Schneider-Rezensenten es gerne sind, wobei sie dann meist zu Schrumpf-Helges verkümmern, die dann gar nicht mehr lustig sind, stellen wir ganz nüchtern fest: Das neue, zweistündige Helge-Schneider-Programm Comeback, das er seit Montag im Tivoli präsentiert, unterscheidet sich durch einige Dinge gehörig von vorherigen Darbietungen. Zuerst das Wichtigste: Helge Schneider ist jetzt ein richtiger Entertainer. Folglich gibt es mehr richtige Musik, richtig gespielt und optisch stimmig ins Kostüm gebracht. Von Texas nach Las Vegas ist es eben nicht so weit, wie man denkt.
Das bedeutet zum zweiten: Der Lachknoten in der Luftröhre und der schmerzende Riß im Zwerchfell bleiben aus. Nicht, daß Helge Schneider nicht mehr lustig, nicht mehr spontan, nicht mehr überraschend ist. Nein, nein, aber Schneiders Komik ist weniger ein unentwegtes Dribbling wie früher als ein tödlicher Paß, also richtige Pointen und so. Und diese Scherze sind ganz Moderation zwischen Stücken statt zerstückelte Moderatheit.
Zum dritten gehört festgestellt, daß Helge Schneider keine Hits mehr geschrieben hat. Die kommen im Programm zwar noch vor, sind aber alt und werden nur neu zerfleddert. Vielmehr präsentiert er einen klassischen Unterhaltungsabend mit Evergreens, Soli und Blue Notes.
Das hört sich ja nun schließlich so an, als sei Helge Schneider gar nicht mehr er selbst und überhaupt nicht mehr gut. Aber genau das ist völlig verkehrt. Denn anstatt die alte Schmuddel-Mühle weiterzudrehen, hat sich unter der Perücke der Gedanke durchgesetzt, jetzt mal richtig professionell die Professionalität zu verulken, um selbst professionell sein zu können. Das ist ein echter Schritt nach vorn, eine Leistung. Das gibt uns die Hoffnung zurück, daß das Leben aus Veränderung besteht.
Vielen Dank, Helge Schneider. Wir müssen jetzt nicht mehr an Gott glauben, um zu verstehen, daß Reife ein echter Gewinn sein kann, auch nach dem Erfolg. Und da wir dennoch viel gelacht haben – was uns nicht oft passiert –, machen wir gerne Werbung für einen, der es zu etwas gebracht hat. Till Briegleb
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