: Eiserne Boykottfront
■ Französische Atomtests lassen in Schweden eine Käsefirma pleite gehen
Stockholm (taz) – Mag woanders die Boykottfront langsam aufweichen: Die Nachfahren der Wikinger scheinen den Galliern auf Dauer wegen der Atomtests gram zu sein. Und wenn Präsident Jacques Chirac Ende Oktober im Fernsehen verkündete, er habe in allen Ländern die Verkaufszahlen überprüfen lassen, und „nirgends war die geringste Spur eines Rückgangs zu finden“ – dann hat er die Nordfrauen und -männer vergessen. Oder kräftig gelogen.
Konkurs mußte in der vergangenen Woche die Käseimportfirma „Franska Ostimporten“ in Göteborg anmelden. Der Versuch, den früher so verkaufsfördernden „Franska“-Zusatz zu streichen und nur noch neutral als „Käseimport“ den Markt zu täuschen, half nichts. „Die Läden machen jetzt selbständig Außenpolitik“, so der frustrierte Ex-Chef Per-Olof Engdahl. Zwar machte der Käseexport Frankreichs nach Schweden nur ein Prozent des Gesamtexports aus, doch dieses Prozent ist tatsächlich spurlos verschwunden.
Im September konnten die Franzosen zudem statt 1,2 Millionen nur 580.000 Liter Wein an Schweden verkaufen. Haben beim Käse vor allem dänische Lieferanten den französischen Marktanteil übernommen, freuen sich beim Wein die italienischen Winzer. Bei den staatlichen Alkoholläden geht man davon aus, daß diese Umorientierung ziemlich permanent sein wird. Teilweise werden die verpönten französischen Weine zum halben Preis verschleudert.
Auch in Norwegen wird Frankreichs strahlendem Präsidenten nicht einmal zum Fest der Versöhnung verziehen. Die Gemeindevertretung der südnorwegischen Kommune Sadnes beschloß gerade: Die große Norwegertanne, mit der Sadnes seit Jahren die BewohnerInnen des Pariser Stadtteils Montmartre in die richtige Weihnachtsstimmung bringt, wird dieses Jahr nicht nach Frankreich auf die Reise geschickt. Dieses Symbol internationaler Völkerverständigung habe sich Paris durch seine Tests verspielt. Reinhard Wolff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen