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SPD will 1998 tatsächlich die Regierung übernehmen

■ Der amtierende Bundesgeschäftsführer Müntefering sieht Chancen, das Formtief der SPD zu überwinden

Bonn (taz) – Den bevorstehenden SPD-Bundesparteitag wertet der amtierende Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering als „Chance für die SPD, ihr Formtief zu überwinden“ und als „Chance, nach einem nicht sehr erfolgreichen Jahr unter Beweis zu stellen, daß wir die Kraft haben, die politische Tagesordnung in Deutschland wieder mitzuprägen“. Müntefering bekräftigte gestern den Anspruch seiner Partei, 1998 die Regierung zu übernehmen. Die Zeit bis dahin könne reichen, wenn die SPD sich nach klärenden Auseinandersetzungen auf dem Parteitag nicht mehr nur mit sich selbst beschäftige, sondern mit dem politischen Gegner.

Große Streitereien über inhaltliche Fragen befürchtet der Bundesgeschäftsführer nicht. Er geht davon aus, daß es auf dem Parteitag eine Zweidrittelmehrheit für eine Satzungsänderung geben wird, wonach die ursprünglich auf zwei Jahre begrenzte Zahl von fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden festgeschrieben werden soll. Unter Hinweis auf den unter der Leitung von Oskar Lafontaine erstellten Vorschlag für einen Initiativantrag zur Wirtschafts- und Finanzpolitik, sagte Müntefering, die SPD werde zeigen, daß entschlossenes Ankurbeln der Wirtschaft sehr wohl mit den Verpflichtungen des Sozialstaates und einer modernen Umweltpolitik vereinbar sei.

Die SPD-Linke, der „Frankfurter Kreis“, hat gestern ein „Manifest für einen Neuanfang der SPD“ vorgestellt und dabei deutliche Kritik an der Parteiführung – besonders an dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder – geübt. Statt sich eine Debatte über den Wirtschaftsstandort Deutschland aufnötigen zu lassen, müßte die SPD eine sozialökologische Zukunftsperspektive entwickeln und wieder eine lebendige Programmpartei werden, forderten sie. Die SPD sei in Gefahr, ihren auf sozialethischen Grundüberzeugungen beruhenden inneren Zusammenhalt zu verlieren und in tagespolitischer Beliebigkeit hinzugeben. Eine inhaltsleere Modernisierung der Partei, wie sie etwa Schröder vertrete, diskriminiere sozialdemokratisches Engagement für eine gerechtere, solidarische und umweltverträgliche Wirtschaft. Mit einer neuen Weltwirtschaftsordnung, wie die Linken sie fordern, werde die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards gesichert.

Die Verfasser Detlev von Larcher, Hermann Scheer, Thomas Westphal und Sigrid Skarpelis- Sperk wollen noch entscheiden, ob sie ihr Papier auf dem Parteitag einbringen werden. Karin Nink

Siehe auch Seiten 12 und 13

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