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Ich hasse Hochkultur!

■ Aus dem dunklen Film-Underground: „Mod Fuck Explosion“

Der Film macht gleich alles klar. Das ist kein Hollywood-Schinken im Cadillac. Hier kommt im Low-Budget-Land Mod Fuck Explosion auf dem Moped um die Ecke.

Wenn man den 60minütigen B-Movie von Jon Moritsugu aus dem letzten Jahr auf einen Plot reduzieren will, täte man ihm unrecht, denn sein heftigster Angriff auf die Sehgewohnheiten besteht eben in der beständigen Weigerung, eine Geschichte zu erzählen und Lebensläufe für bruchlose Anekdoten zu domestizieren. Mod Fuck Explosion besteht aus zahllosen Episoden, die allenfalls durch Requisiten, rauhe Punk-Klopper von Unrest, raffinierte Stilmittel wie verschattete Gesichter und der Anwesenheit der Teenagerin London (Amy Davis) zusammengehalten werden.

London, deren Mutter tablettensüchtig den Bruder anfingert, läuft gleichgültig durch die jugendkulturelle Welt einer Kleinstadt, wo tatsächlich noch Auseinandersetzungen zwischen Mods und einer japanischen Rocker-Gang stattfinden. Ihre Platten, die sie der stoisch in der billigen Halbtotalen verharrenden Kamera liebevoll präsentiert, sind von Fucker und Shit Matrix. Als Teil der „Shit Generation“ sieht sich auch London – beim Buchstaben P fällt ihr nur „Pussy“ ein, bei F eben das bekannte Four-Letter-Word.

Ihr Freund (Desi Del Valle) heißt nach einem Highway schlicht M16 und kotzt ihr beim ersten Kuß erstmal vor die Füße. Trotzdem ist die stumme Beziehung des Paares noch das einzige, was auf eine Utopie verweist. Wenn auch nicht gerade hollywoodesk verliebt, so sind London und M16 wenigstens in Bewegung und heben sich dadurch von der statischen Umwelt ab.

In dieser warten die Mods auf den abendlichen Kampf und die Rocker peitschen sich auf offener Straße oder verkaufen Dildos. Und so weiter und so fort. Mod Fuck Explosion setzt sich aus unzähligen solcher verstörender Szenen zusammen, die einen manchmal ratlos, manchmal belustigt zurücklassen. Das Wohlfühlen beim Kulturkonsum wird hier konsequent unterlaufen. „Ich mag Tatoos und Porno-Videos“, sagt eine Freundin von London einmal aufbrausend. „Aber ich hasse Hochkultur!“ Etwas ähnliches sagt auch dieser Film.

Volker Marquardt

17.-20.12., Alabama, 22.45 Uhr; Sa., den 16. 12., spielt zusätzlich Die Freie Garage

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