■ Das Portrait
: Löwe von Damaskus

Sein Händedruck ist für Labbrigkeit berüchtigt, Politik betreibt er mit harter Hand. Diese Erfahrung machte US-Außenminister Christopher gestern erneut. Sein Gastgeber, Syriens Staatschef Hafis al-Assad, ist die Schlüsselfigur für Frieden in Nahost.

Leicht wird es nicht sein, Assad Konzessionen abzuringen. Den Hauptstreitpunkt zwischen Israel und Syrien hat er zur Chefsache erklärt. Als Israel 1967 den Golan okkupierte, war der Mann – dessen Familienname „der Löwe“ bedeutet – Verteidigungsminister. Den Verlust empfindet er als persönliche Schmach. Aber Assad gehört zu den wendigsten Herrschern des Nahen Ostens und könnte bald vom „Kämpfer für das arabische Vaterland“ zum Unterzeichner eines Friedensvertrags mit Israel werden.

Syriens Präsident Hafis al- Assad Foto: Reuter

Seit seiner Kindheit versteht es Assad, aus widrigen Umständen Profit zu ziehen. Als Kind schickten ihn seine Eltern aus ihrem Dorf, in dem es keinen Strom – und fließend Wasser nur in Bächen – gab, zur Schule in die Provinzhauptstadt Lattakia. Obwohl oder gerade weil er der Sekte Alawiten angehörte, die bei den mehrheitlich sunnitischen Arabern mit Mißtrauen gesehen wird, trat Assad als Sechzehnjähriger der nationalarabischen Baath- Partei bei – und machte Karriere. Er wurde Mitglied der militärischen Kommission der Partei, die den Staatsstreich von 1963 vorbereitete. 1964 wurde er Lufwaffenchef, 1966 Verteidigungsminister. 1970 setzte er sich mit einem als „Kurskorrektur“ gefeierten Putsch an die Staatsspitze.

Assads Politik orientierte sich an der Sowjetunion – außenpolitisch als Bündnispartner gegen den „US-Imperialismus“ – innenpolitisch in Form allmächtiger Geheimdienste und überfüllter Gefängnisse. Doch als das Ende des Ostblocks dräute, hörte Assad die Signale. „Infitah“ (Öffnung) nannten SyrerInnen seine Politik ab 1990, die sich freilich auf wirtschaftliche Aspekte beschränkte. Nach dem irakischen Überfall auf Kuwait kämpften seine Soldaten gegen den Willen vieler SyrerInnen gegen den „arabischen Bruder“ Irak. Seither wird Syrien hofiert, Irak ist isoliert.

Einzig um seine Nachfolge muß sich der mit einem schwachen Herzen und einer Nervenkrankheit geplagte Vater von fünf Kindern Sorgen machen. Sein ältester Sohn und Kronprinz fuhr sich zu Tode, sein Zweiter ziert sich, und bei Geheimdienst, Militär und Partei sitzen etliche, die den „Löwen“ beerben wollen. Thomas Dreger