: Ordnung herrscht in Somalia
■ Islamisches Gericht im Norden der geteilten Hauptstadt Mogadischu läßt 30 Künstler öffentlich auspeitschen
Mogadischu (dpa) – Ein islamisches Gericht in der somalischen Hauptstadt Mogadischu hat eine Gruppe von 30 Musikern, Sängern und Tänzern öffentlich auspeitschen lassen. Jedes Mitglied der Künstlergruppe erhielt zwanzig Peitschenhiebe, weil das Ensemble sein Programm nicht von islamischen Zensoren hatte genehmigen lassen. Der Islamistenführer Sharif Sheikh Muhyadin sagte gestern, die Gruppe habe obszöne Tänze dargeboten. Dies sei ein Verstoß gegen das Recht. Im Norden von Mogadischu, der von Milizenführer Ali Mahdi beherrscht wird, arbeiten seit einiger Zeit islamische Gerichte, die normalerweise als willkommene Ordnungsmacht in einem Land ohne Regierung empfunden werden.
Die Künstler, darunter mehrere renommierte somalische Sänger, waren am Vortag im Nordsektor der geteilten Stadt von einer islamischen Miliz festgenommen worden, als sie auf einem Basketballplatz ein Unterhaltungsprogramm darboten. Augenzeugen berichteten, die Miliz habe auch das Publikum vorübergehend gefangengehalten, später aber wieder freigelassen. Mehrere Künstler konnten sich der Festnahme entziehen, indem sie sich unter die Zuschauer mischten. In einigen Fällen mißlang dies, weil die Künstler an ihrer Schminke erkannt wurden. Einige Sängerinnen wurden gestern bei der Verhängung der Strafe einstweilen verschont, nachdem festgestellt worden war, daß sie schwanger waren. Sie sollen nach der Niederkunft ausgepeitscht werden.
Der Leiter der Musikgruppe, Abdullahi Iman, warf dem islamischen Gericht eine Verletzung der Menschenrechte vor und bat das Ausland um Hilfe. Er sagte, die Mitglieder der Gruppe seien gezwungen worden, gegen ihren Willen eine Erklärung zu unterzeichnen, daß sie ihre künstlerischen Aktivitäten für immer aufgäben. Unter Tränen berichtete er, die Musiker litten nach der Auspeitschung unter starken Schmerzen. Sie seien aber zu arm, um sich Medikamente kaufen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen