: Stahl kein Prügelknabe
■ Die FDP vor dem Parteitag auf Sinnsuche in der Spandauer Altstadt
In den Weißbierstuben in der Kinkelstraße sollten sich vorgestern die Kontrahenten treffen. Zwei Tage vor dem heutigen Parteitag der Berliner FDP veranstaltete der Ortsverband Spandau- Nord eine letzte Wahlkampfrunde zwischen den Kandidaten um den Parteivorsitz. Zwischen den Biertischen fanden sich aber nur zwei Bewerber ein, die Sozialliberalen Hellmuth Königshaus und Martin Matz. Der dritte, Jürgen Starnick, kam zwar, aber kandidiert nicht mehr, und Alexander von Stahl wurde stündlich von seinem Sohn, Alexander von Stahl junior, angerufen, erschien jedoch nicht in der Bierstube unter der Dachschräge.
Die beiden anwesenden Kandidaten hatten sich ihre Unterstützer mitgebracht in die Höhle des Löwen: Spandau-Nord ist bekannt als Bezirk der Rechten. Karl-Heinz Bannasch, Vorsitzender des Ortsverbands, macht da aber feine Unterschiede: „Rechts ist nicht gleich rechts, und ich wähle Alexander von Stahl nicht.“
Nachdem der erwartete Prügelknabe von Stahl nicht erschienen war, konzentrierten sich die anwesenden 70 Besucher, die sich in dem Raum drängten, auf die Frage nach einer freiheitlichen Botschaft. Aber weder Matz noch Königshaus hatte der Klärung viel beizusteuren. Königshaus' Aussage gipfelte in der Bemerkung, daß Freiheit vom Staat ganz einfach zu begründen sei, denn „der Staat schreibt den Leuten ja auch nicht vor, wann sie auf die Toilette gehen sollen“. Matz hatte zwar einige Forderungen aufzubieten, wie die Einführung eines Bürgergelds, aber die Botschaft blieb auch bei ihm dunkel.
Bei der Frage der freiheitlichen Idee hatten die Spandauer noch stillgehalten. Als Königshaus die vom Landesvorstand vorgeschlagenen Satzungsänderungen in die Diskussion brachte, gingen einige eingesessene Rechte an die Decke. Dieter Rolfsmeier, Vorsitzender von Spandau-Mitte, dem Verband Alexander von Stahls, warf Königshaus und Matz vor, eine Kaderpartei anzustreben. Der Konflikt tobt zwischen rechts und links um eine Einführung des Domizilprinzips. Nach diesem sollen FDPlerInnen nur noch in dem Ortsverband Mitglied werden, der in ihrem Wohnbezirk angesiedelt ist. Der Landesverband versucht so, die bislang mögliche Konzentration von rechten Parteimitgliedern in Bezirken wie Spandau, Tempelhof, Reinickendorf und Mitte aufzuhalten. Jürgen Starnick, der seine Kandidatur zurückgezogen hatte, saß nicht ohne Grund am Kandidaten-Podium: Er war gekommen, um die Spandauer, aber vor allem die Besucher aus den anderen FDP-Bezirken auf Königshaus einzustimmen. „An einem Vorsitzenden Alexander von Stahl zerbricht die Partei. Aber auch Herr Matz grenzt zu viele von den traditionellen Mitgliedern aus“, erklärte er in väterlichem Ton den anwesenden Parteimitgliedern. Barbara Junge
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