: Olympia rückt in weite Ferne
■ Nach 6:7 gegen Jugoslawien bleibt deutschen Wasserballern letzte Chance
Berlin (dpa) – Den deutschen Wasserballern bleibt auf dem erhofften Weg nach Atlanta nur noch ein Strohhalm: Das Team verlor gestern mit 6:7 (2:1, 1:0, 1:3, 2:3) gegen Jugoslawien beim Olympia-Qualifikationsturnier in Berlin auch sein zweites Zwischenrundenspiel. In einer dramatischen und gutklassigen Partie erzielten Kapitän René Reimann (Hamm/ 3), sein Klubkollege Jörg Dresel (2) und der Spandauer Davor Erjavec die Treffer für den EM-Dritten von 1995. Wenn die Deutschen heute um 15.30 Uhr gegen Kuba nicht gewinnen, können sie statt der Olympia-Tickets schon den Sommerurlaub buchen. Als Vierter der Gruppe E müßten die Gastgeber ihre letzte Chance im Überkreuzvergleich mit dem Dritten der F-Gruppe nutzen.
Gestern jedenfalls erwiesen sich die Jugoslawen im bisher besten Turnierspiel als gut, aber nicht sehr viel besser. Mit drei Spanien-Profis und dem reaktivierten „Oldie“ Milanovic hatte der Olympiasieger von 1984 und 1988 aber keine entscheidenden Vorteile.
Die Deutschen führten nach zwei Vierteln gegen den Favoriten und olympischen Medaillenanwärter sogar mit 3:1. Nur dank ihrer Cleverness kamen die Jugoslawen im 81. Länderspiel gegen Deutschland im Endspurt noch zum 24. Sieg.
Trotz einer starken Vorstellung erwies sich der Ausfall des Spandauers Peter Bukowski (Beinbruch) für die DSV-Auswahl erneut als großes Handicap, zumal sein Klubkollege Dirk Klingenberg als Leistungsträger weit unter seinen Möglichkeiten blieb. „Ich weiß überhaupt nicht, warum die Mannschaft so unter Form spielt“, hatte Coach Firoiu nach der vorhergegangenen 10:12-Niederlage gegen Australien gesagt und ein „mentales Problem“ ausgemacht. Doch die Steigerung seiner Männer hält nun die Olympiaträume wach.
Am Mittwoch hatten die Deutschen gegen Australien immer wieder dafür gesorgt, daß Bundestrainer Nicolai Firoiu und den 400 Zuschauern der Atem stockte. Nach einer 3:1-Führung – die Tore erzielten Jörg Dresel (2) und Dovor Erjavec – gab es zahlreiche Unkonzentriertheiten und Fehler. Zweimal wurde im zweiten Viertel nur der Torbalken getroffen, weitere große Chancen leichtfertig vergeben. Das Resultat: Der Favorit mußte schließlich einem Rückstand hinterherlaufen und wurde immer nervöser.
Die deutschen Treffer erzielten in diesem Spiel Jörg Dresel (3), Sterzig (2), de la Pena (2), Erjavec (2) und Torsten Dresel (1).
Firoiu warnte seine Männer bereits vor dem nächsten Gegner. „Alle glauben, daß das Spiel gegen Kuba schon gelaufen ist. Aber das wird nochmal ganz eng“, glaubt der Bundestrainer. Dann könnten wieder Kraft und Kondition entscheiden. „Aber genau da liegt unser Problem. In den meisten anderen Ländern wird wesentlich intensiver trainiert“, wies Firoiu auf das entscheidende Defizit der DSV- Auswahl hin. Im Vergleich mit den Allerbesten können die Feierabendspieler inzwischen nicht mehr mithalten.
Doch auch bei den aus Serben und Montenegrinern bestehenden Jugoslawen ist nichts mehr wie in den großen Zeiten. Die endeten 1992 in Barcelona. Dort verlor man seinen Titel von 1988. Bei der EM 1991 hatte es mit einem Rumpfteam noch zum Titel gereicht. „Die Westeuropäer glauben immer, daß im sozialistischen Sport alles von der Regierung bezahlt wurde“, sagt hierzu Trainer Nikola Stamenic, „dabei gab es seit 30 Jahren keine offizielle Unterstützung mehr.“ Die großen Klubs in Belgrad sind Firmen. Dennoch ist es nicht einfach, den Profibetrieb aufrechtzuerhalten. Die Besten wie Keeper Aleksandar Sostar, Verteidiger Vlado Vujasinovic und Center Viktor Jelenic spielen in Spanien.
Diese drei, zusammen mit dem reaktivierten Center Igor Milanovic, sind letztlich der Grund, warum es für das Team in Berlin- Hohenschönhausen so gut läuft. Und Nikola Stamenic kehrt in Berlin dahin zurück, wo er als Spieler von Partizan Belgrad in den besseren Tagen selbst gespielt hat. Jetzt ist er ein wenig rundlicher geworden, ein wenig gesetzter, doch seinen Drang nach Erfolgen hat er nicht verloren. Nach vier Jahren hat er in Berlin an die Tür geklopft. In Atlanta will er sie ganz öffnen.
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