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Spendenbitten unterm Popo

■ Die Justus-Brinkmann-Gesellschaft feierte 75jähriges

Ein eigens komponierter „Museums-Blues“ des Talk-Show-erprobten Gottfried Böttger schepperte Montag abend durch den großen Saal der Handelskammer und krönte die Jubiläumsfeier der Justus-Brinckmann-Gesellschaft. Vor 75 Jahren gründete Max Sauerland, der damalige Leiter des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe, dessen Förderverein. Seitdem hat er dem Museum stets finanzkräftig geholfen, zum jetzigen Jubiläum wurde ein zweijähriges Volontariat gestiftet.

„Nirgendwo wird ein Museum so stark von den Bürgern unterstützt“, lobte Kultursenatorin Christina Weiss und machte sich Gedanken über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: „Was für einen Optimismus muß Max Sauerland 1921 gehabt haben, wenn er mitten in der Wirtschaftskrise diesen Verein gründete. Auch wir gehen schwierigen, möglicherweise auch turbulenten Zeiten entgegen“. Doch immer noch zahlt der Staat für die Hamburger Museen 40 Millionen Mark, davon die Hälfte Personalkosten. Auch wenn das Museum letztes Jahr 1,5 Millionen Mark Privatspenden erhalten hat, ist der Staat bei weitem der größte Geldgeber: allein 8 Millionen kostet die momentane Fassadenreparatur.

Der Verein ließ verlautbaren, er erwarte, daß der Staat seinen Verpflichtungen nachkommt, doch im Laufe des Abends wurde mehr und mehr an das Scheckheft der Anwesenden appelliert. In seinem Vortrag „Geld und Geist – Der Kaufmann und die Künste in der Stadtrepublik“ bemühte Klaus Asche, der Präses der Handelskammer, wieder einmal den antiken Maecenas. Der politisch und wirtschaftlich durchaus dubiose Römer, hat es mit seiner Unterstützung für die Kultur des Augustus geschafft, als Wohltäter unsterblich zu werden.

Hamburg sei ein „verludertes Kaufmannsnest, Huren genug aber keine Musen“ zitierte Klaus Asche dann den Spötter Heinrich Heine, nur um das gleich mit den zahlreichen Stiftungen der Kaufmannschaft seit dem 18. Jahrhundert zu widerlegen. Angesichts der aktuellen Sparszenarien empfahl er, aus der Not eine Tugend zu machen und Methoden des Controlling und Marketing anzuwenden.

Letztlich hatte die Einladung von Hunderten von gutsituierten Bürgern in die Handelskammer einen pekuniären Grund: Direktor Wilhelm Hornbostel stellte die Zukunftsplanung für das Museum vor. Kernstück des „MKG 2002“ genannten Planes sind zwei Baumaßnahmen: die Verlegung des Eingangs zur Nordseite gegenüber dem Bahnhof samt Umgestaltung des Parkplatzes (Kosten: ca. 3 Millionen) sowie eine Lösung für die seit langem gewünschte Erweiterung des Museums: Eine leichte, frei in den zweiten Innenhof gesetzte vierstöckige Konstruktion, die sogar die von Gründungsdirektor Justus Brinckmann eigenhändig gepflanzten Bäume schont (Kosten: ca. 12 Mio.). Da Hornbostel kein Geld vom Senat erwartet und den Verkauf von Museumsbesitz ausschließt, lagen auf allen Plätzen schon ausfüllbare Formulare für Spenden bereit. Hajo Schiff

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