■ Soundcheck
: Gehört: Don Byron

Gehört: Don Byron. Dieser Mann gehört hierher: Seine Musik ist die genaue Umsetzung der Bauten in der Ost-West-Straße, und sogar Thelonious Monks „Four In One“ klingt bei ihm wie das „Zürich-Haus“.

Postmoderner „Jazz“ – besser: postmoderne „Instrumentalmusik“ – ist eine aktivere Form des Wartens auf Godot, ein emsiges Suchen nach Godot quasi, auch wenn in beiden Fällen das Endergebnis feststeht. Deswegen hat diese Musik auch so etwas Kaltes, Sinnloses, Furchteinflößendes – besonders dann, wenn sie sich auf betont emotionale, sinnliche Musik bezieht, wie es Byron mit seiner Vorliebe für Klezmer und afrokubanische Musik tut. An einem wie Bill Frisell kann man sich wenigstens wegen seiner Buddha-artig ruhenden Rätselhaftigkeit noch reiben, ein Don Byron wirkt vor allem irgendwie unsympathisch. Vermeintlich spontane Ausrufe und scheinbar selbstvergessene Tanzeinlagen des dicklichen Dreadlockträgers erwiesen sich schnell als pfauenhafte Posen; zudem fiel auf, daß er sich bemühte, mit versteckten, aber gezielten Gesten seine Mitmusiker klein und auf Abstand zu halten.

Um jetzt nicht schon wieder als notorischer Miesmacher dazustehen (schließlich war das Publikum wie immer begeistert) etwas Erfreuliches: Der Abend bewies, daß auch eine Band, deren Frontlinie aus Klarinette, Klavier und einer Dichterin besteht, bestens rocken kann. Dafür sorgten Bassist Reggie Washington und vor allem der fast an Anton Fier erinnernde Schlagzeuger Ben Wittman. Wie auch aus der fast verächtlichen Behandlung des „Goldfinger“-Themas und anderer betont ironisch interpretierter eher sentimentaler Themen deutlich Rock-Ästhetik sprach.

Wie nennen wir das Ganze? Für „postmodernes Kunsthandwerk“ fehlte die letzte handwerkliche Brillanz. Eher schon Kleinkunst. Die heißt bekanntlich so, weil sie kleiner ist als Kunst. So wie die Postmoderne mehr Post als Moderne ist.

Detlef Diederichsen