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Tatort Schreibtisch in der „Villa ten Hompel“

■ Im Haus der Nazipolizei wollen Geschichtsinitiativen Erinnerungsstätte

Münster (taz) – Die ganz normalen Täter, sie kamen auch aus Münster. Ordnungspolizisten, Beamte, der Spitzel von nebenan – alle waren beteiligt an den Deportationen der jüdischen Familien aus dem Münsterland vor allem nach Riga. In der Villa ten Hompel, Haus Nummer 28 am Kaiser- Wilhelm-Ring in Münster, residierten von 1940 bis 1944 die Befehlshaber der Ordnungspolizei für den Wehrkreis VI. Hier saßen der Polizeiführer Heinrich Lankenau und seine Münsteraner Mittäter Kruse, Sauerländer, Ney und andere, hier saßen die kleinen und mittleren Beamten, die die Deportationsbefehle aus Berlin willig organisierten, die „Ruhe an der Heimatfront“ aufrechterhielten. Der Zuständigkeitsbereich der Herren aus der Villa ten Hompel erstreckte sich auf das gesamte Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalen.

Um diese denkmalgeschützte Villa ten Hompel gibt es nun in Münster seit einigen Monaten eine heftige Auseinandersetzung. Denn sie gehört dem Land, und Nordrhein-Westfalen ist pleite. Die rot-grüne Landesregierung möchte deshalb das Haus, das bis vor zwei Jahren von der Gewerbeaufsicht genutzt wurde und seitdem leersteht, verkaufen. Möglichst für zwei bis drei Millionen Mark, denn auf diesen Wert wurde die Villa anfangs geschätzt. Als Käufer wäre der Landesregierung auch die Stadt Münster recht, doch auch die schwimmt nicht im Geld. Sie hat dem Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen, nachdem es die Immobilie öffentlich zum Verkauf ausschrieb, ein Angebot für 1,3 Millionen Mark unterbreitet. Das ist dem Land zuwenig, aber abgelehnt haben die Düsseldorfer das Kaufangebot aus Münster noch nicht.

Aber selbst wenn die Stadt den Zuschlag für die Villa erhalten sollte, entschieden ist ebenfalls noch nicht, wie Münster sie dann nutzen würde. Regionale Geschichtsinitiativen, der Historiker Alfons Kenkmann und vor allem Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter der Grünen und ebenfalls aus Münster stammend, streiten engagiert dafür, daß dieses Haus zu einer interdisziplinären Begegnungs- und Studienstätte wird. Der Universitätsdozent Kenkmann hat bereits ein detailliertes Nutzungskonzept erarbeitet. Langfristig, schreibt er, „soll die Arbeitsstätte zu einem regionalen Zentrum der Auseinandersetzung über die deutsche Vergangenheit werden“. Ihm schwebt vor, hier in Zusammenarbeit mit universitären und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen das zu erforschen, was der Historiker Daniel J. Goldhagen in seinem vieldiskutierten Buch „Hitler's Willing Executioners“ getan habe. Nämlich der Frage nachzugehen, warum ganz normale Männer zu Massenmördern oder zu Helfershelfern von Massenmördern wurden – auch die Männer der Ordnungspolizei im Wehrkreis VI.

Gegen diese Vorschläge regte sich im rot-grün regierten Rat der Stadt Widerstand, man dachte mehr an die Unterbringung des Stadtarchivs. Die Ressentiments gegen ein Studienzentrum bröckelten erst, als im Juni der Westdeutsche Rundfunk eine TV-Dokumentation über die Villa ten Hompel ausstrahlte. Seitdem begrüßen alle Fraktionen einstimmig den geplanten Ankauf, bauen aber darauf, daß bei einer möglichen Opfer/Täter-Erinnerungsstätte das Land Nordrhein-Westfalen Geld für die Unterhaltung des Hauses zuschießt. Aber um genau dies zu verhindern, wollte das Land,an wen auch immer, unter welcher Nutzung auch immer, das Haus ja verkaufen. Ein Sprecher des Regierungspräsidenten in Münster hat den Schwarzen Peter deshalb flugs weitergereicht. „Das Land will verkaufen, es liegen Angebote vor. Jetzt ist die Stadt am Zuge.“ Volker Heitkamp/aku

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