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Archiv-Artikel

Der Abpraller macht weiter

Ist es wirklich eine Eilmeldung wert, wenn einer nichts weiter verkündet, als dass er seinen Arbeitsvertrag erfüllt? Weltmeistertrainer Joachim Löw bleibt also bis zur Europameisterschaft 2016 im Amt. In diesem irrsinnigen Fußballzirkus, in dem Trainer wegen Erfolglosigkeit entlassen werden, deren Clubs auf Champions-League-Kurs sind, in der Profis sich immer schwerer tun, dem psychischen Druck standzuhalten, ist das durchaus bemerkenswert.

Aber warum nur tut sich der 54-Jährige die Nationalmannschaft nun weitere zwei Jahre an, mag man sich fragen. Keinen Schritt kann der Badener unbeobachtet gehen, und wenn er bei einem Pressetermin mal die Augenbraue hebt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass am nächsten Tag irgendwo steht, der Bundestrainer strahle Ratlosigkeit aus. Löw ist mit der Nationalmannschaft Weltmeister geworden, war WM-Dritter und Vizeeuropameister und musste sich bis zu jenem totalen Triumph in diesem Sommer doch immer wieder vorhalten lassen, dass er total danebenliegt mit seinen Entscheidungen. Als die Seinen 2012 das EM-Halbfinale gegen Italien verloren, galt er bei vielen, die über die Nationalmannschaft berichteten, als totale Fehlbesetzung. Bei den Qualifikationsspielen zu den großen Turnieren war keiner seiner Vorgänger so souverän wie er, und doch musste er sich im Nachgang zu einem 4:4 nach 4:0-Führung gegen Schweden vorhalten lassen, keine Ahnung von Fußball zu haben.

Löw hat all diese Vorwürfe an sich abprallen lassen. Er hat weiter tapfer über Ideen für den modernen Fußball geredet, als andere schon wieder das alte Lied vom deutschen Kampfesmut, ohne den es einfach nicht gehe, angestimmt haben. Zu jeder Zeit hat er das Hohelied des Offensivfußballs angestimmt. Er war es, der den deutschen Nationalmannschaftsfußball von einer Kampfsportart zu einem Spielsport gemacht hat. Dem Fußball hierzulande kann es nur guttun, wenn er dieses Projekt weiterverfolgen will.

Dass all die überzogene Kritik der vergangenen Jahre an ihm abgeprallt ist, auch das zeigt seine Eignung für den Job als Bundestrainer. Joachim Löw scheint eine ziemlich coole Sau zu sein.

ANDREAS RÜTTENAUER