■ Querspalte: Crime does pay
Weil der Spitzensteuersatz in absehbarer Zeit doch nicht auf, sagen wir, fünf Prozent gesenkt wird, wir Nie-genug-Verdienenden demnach uns weiterhin davor schützen müssen, auf das obszönste kriminalisiert zu werden, nur weil wir das bißchen Geld, das wir gerechterweise für unsere Leistung-muß-sich-wieder-lohnen- Leistung nicht dem Fiskus in den Schlund schmeißen wollen, damit der wiederum jeglichem Sozialhilfemißbraucher goldene Wasserhähne finanziert oder Golfkurse, so daß es auf den Plätzen immer enger, bald unerträglich wird, ist es angezeigt, auf ein Buch hinzuweisen, das in diesem Monat beim Verlag R.S. Schulz erscheint. Es heißt „Straffrei nach Steuerflucht“ und ist von einem offensichtlich seriösen Verfasser, Herrn Dr. Markus Brender, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in Bankfurt am Main.
Die Präposition nach signalisiert, daß der Verlag eine ganz bestimmte Zielgruppe anvisiert hat. Deren Geld ist längst in einem Land deponiert, das so klein ist wie sein Name lang, oder in dem anderen, wo das Nazigold so gut aufgehoben war. Der Verlag beschreibt es eine Idee anders: In der Anzeige für das „ca. 80 Seiten“ dünne Paperback ist zu lesen, es richte sich „vor allem an den informationsbedürftigen Bürger“. Was erwartet den bei der Lektüre? „Klar gegliedert und kompetent“ informiert uns das Buch über „Aufgaben und Befugnisse der Steuerfahndung“, über „Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung“ und liefert, ganz wichtig, ein „Musterbeispiel für eine strafbefreiende Selbstanzeige“. Und vieles andere Wissenswerte mehr. Dem verbreitenden Buchhandel übrigens versichert der Verlag der Steuerfluchthilfe, man werbe intensiv für die Publikation. Nein, nicht in der taz, sondern „in Capital, DM und Finanzen“.
Mich meint das wohl nicht, wie ein Blick auf meinen Kontoauszug zeigt. So frage ich mich, blaß vor Sozialneid, ob es nicht immer schon naiv war, irgendwem, und sei es dem Spätkapitalismus, „die Maske vom Gesicht“ reißen zu wollen? Welche Maske? Dietrich zur Nedden
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