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Die Tücke des Objekts

■ "Arbeit mit Bildern": 3sat startet heute eine kleine Reihe mit Filmen von Harun Farocki (23.30 Uhr, 3sat)

Es gibt Leute, die verdienen ihr Geld damit, daß sie stundenlang ein Glas Bier hin- und herschieben. Liebevoll dessen Blume aufschäumen. Den Schaum mit kleinen Schläuchen und Pipetten ins Glas füllen. Und dann noch einen kleinen Spiegel daruntermontieren, weil es „total schön ist, wenn es Reflexe im Bier gibt“. Diese Leute sind Werbefotografen, und ihre Arbeit zeigt der neue Essayfilm „Stilleben“ von Harun Farocki.

In ihm sehen wir, wie Fotografen auf der ganzen Welt damit beschäftigt sind, kleine Spitzlichter auf irgendwelchen Plunder zu setzen, der in Anzeigen und auf Plakaten beworben werden soll. „Diese Arbeit ist unter anderem darum so faszinierend“, sagt Farocki, „weil man so große Anstrengungen unternimmt, um eine so kleine Facette der Welt zu produzieren.“ Der Film beabsichtige, „diese Prozedur nachzuerzählen und zugleich das geheime Leben der Objekte zu enthüllen“.

documenta-Beitrag mit didaktischem Touch

Tatsächlich enthüllt der Film eher die Tücke des Objekts: Da säbeln drei erwachsene Männer konzentriert an einigen Stücken Käse herum, um sie kamerafertig zu machen. Doch halt, „das mit dem Camembert funktioniert nicht“.

„Stilleben“ wurde im Auftrag der diesjährigen documenta produziert, zu der Farocki auch als einer der „100 Gäste“ eingeladen war. Vielleicht weil der Film in diesem Kontext gezeigt wird, hat Farocki seine Dokumentaraufnahmen mit Stilleben holländischer Maler kombiniert. Diese Gemälde sollen das Thema wohl in einen kunstgeschichtlichen Zusammenhang setzen, aber tatsächlich geben sie dem ganzen Film einen etwas didaktischen Touch. Die Produktion von Bildern hat Farocki seit Beginn seiner Laufbahn als Filmemacher Ende der sechziger Jahre beschäftigt. Schon sein allererster Kurzfilm „Zwei Wege“ von 1966 analysierte ein christliches Gemälde.

Die geschichtliche Rolle von Bildern

Auch in seinem Dokumentarfilm „Ein Bild“ (1982) hat Farocki andere Bildproduzenten bei der Arbeit beobachtet: Er filmte, wie ein „Centerfold“ fotografiert wird, das herausklappbare Pin-up-Bild des Playboy. In seinen Essayfilmen „Bilder der Welt und Inschrift des Krieges“ (1987) und „Videogramme einer Revolution“ (1992) geht es um die Wirkung und die geschichtliche Rolle von Bildern.

Je länger man den Fotografen in „Stilleben“ zusieht, desto anachronistischer wirkt ihr Tun. In einer Zeit, in der Fotos spurenlos mit dem Computer bearbeitet werden können, erscheint ihr detailbesessenes Schaffen wie ein Handwerk aus einer längst vergangenen Zeit. Vielleicht sind die Werbefotografen die letzten, die noch wirklich an ihre Bilder glauben. „Mal sehen, was die Polaroid dazu sagt“, überlegt sich einer von ihnen laut. Tilman Baumgärtel

Die Reihe startet heute mit Farockis Essayfilm „Bilder der Welt und Inschrift des Krieges“ (1988). „Stilleben“, sein documenta-Beitrag, ist am Sonntag um 21.15 Uhr zu sehen; anschließend um 22.10 Uhr läuft „Arbeit mit Bildern – Harun Farocki im Gespräch mit Christa Blümlinger“ (1997) und um 22.35 Uhr „Der Auftritt“ (1996). Die Reihe wird am 7. September mit „Die Sprache der Hände“ (1997) und „Schnittstelle“ von 1995 (22.10 und 22.40 Uhr) fortgesetzt, am 21. September folgt um 21.15 Uhr „Die führende Rolle“ (1994).

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