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Wird Jürgen Klinsmann spielen?

■ Es steht immer ein weiteres Spiel an: Nach seinen beiden Toren ist der DFB-Kapitän schon wieder seit sechs Minuten ohne Treffer

Dortmund (taz) – Steht ja immer ein weiteres Spiel an, diesmal gegen Albanien. In diesem Zusammenhang stellt sich trotz des 4:0 über Armenien die Frage: Wird Klinsmann spielen am 11. Oktober? Das, sagte DFB-Trainer Berti Vogts, gedenke er „am Rosenmontag“ zu beantworten. Sein Kapitän lächelte nur müde. Kurz zuvor war er die Torauslinie entlanggehoppelt, um die Eckefahne und dann die Seitenauslinie lang. Einmal vom Tor aus gesehen nach links, ein Viertelstündchen später nach rechts. Beide Male unter mächtiger Anteilnahme. Warum der Jubel? Der Stürmer hatte seines Trainers Tor-Ultimatum eingelöst. Vogts hatte es genau gesehen: „Kirsten hat den Ball hereingespielt, Bierhoff zwei Leute weggeblockt, und Jürgen kam einmal in diese Position.“

Es handelte sich um die sogenannte Mittelstürmerposition. Klinsmann hat lange auf den Augenblick gewartet, in dem ihm „der Ball vor die Füße“ fallen würde. Nach 854 Minuten waren Moment und Ball gekommen – letzteren schoß er rein. Hinterher bemühten sich Spieler und Trainer, das angeblich monumentale Ereignis nicht allzu hoch zu hängen. Stimmt schon: beiden entschlüpfte in der ersten Erregung das Wort „Erlösung“. Später aber erzählte Vogts von den vielen Toren, die Bierhoff und Kirsten schossen, nachdem Klinsmann geblockt hatte. Der Kapitän gestand nur noch eine gewisse „Erleichterung“, wollte das aber eher dem Umstand zuschreiben, daß „der Bann gebrochen“, das 0:0 aufgehoben, die WM fast erreicht war.

Es kann einer erzählen, was er will: sein 100. muß ein ganz schön schweres Spiel gewesen sein für Jürgen Klinsmann. Zwar war eigens der local hero Norbert Dickel vor dem Publikum gekrochen („seid sportlich fair, wir brauchen den Jürgen noch“). Dennoch schwankte die Stimmung zwischen freundlicher Unterstützung und „Klinsmann raus!“-Rufen – so wie der Stürmer in der ersten Hälfte zwischen einem Volleyschuß aus 20 Metern an die Eckfahne (Pfiffe) und einem Flugkopfball nach Tarnat-Flanke („Klinsmann“-Chöre). Letzteres war zumindest nach langer Zeit eine vernünftige Vorlage. Von da an war Klinsmanns 42. Länderspieltor eine reelle Option.

Nr. 43 war dann ein Tor, das man dann schießt, wenn man „einen Lauf hat“ (Klinsmann). Häßlers Ecke an den kurzen Pfosten köpfte Klinsmann wie selbstverständlich rein. Die Frage nach den Qualitätskriterien seines Spiels ist aber mit den Toren nicht beendet, nur verstummt. Man hätte Argumente zu behaupten, er habe in Berlin besser gespielt als in Dortmund. Der bessere Klinsmann war diesmal seltsamerweise Ulf Kirsten, der viel Uneigennütziges, aber Brauchbares beizutragen hatte. Der Kapitän hatte eben noch verkündet, er könne in hohem Alter von 33 sein von Altruismus geprägtes Spiel nicht mehr ändern. Dann hatte er sich allem Anschein nach aber doch in der Hauptsache eigenen Interessen gewidmet. Da über die Sache „viel diskutiert wurde“ (Klinsmann), mag man sagen: Letztlich zum Wohl von Trainer, Team, Verband. Und Deutschland sowieso.

Nun hat Klinsmann 100 Länderspiele wie Beckenbauer und 43 Tore wie Uwe Seeler. Nun müssen die Feinde schmollen – und schweigen. Aber heute ist nicht alle Tage. Und Bemerkungen wie jene von Vogts, sein Kapitän „hätte einige Spiele vorher treffen müssen“, helfen der gemeinsamen Sache nur wenig. Also: Bis Frankreich ist es noch weit hin. Am 11. Oktober wird Klinsmann spielen – und die Feinde werden zählen. Im übrigen: Sechs torlose Minuten sind schon wieder zusammen. Die Nachspielzeit gar nicht eingerechnet. Peter Unfried

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