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Der Provinzfürst will auch zur WM

Nun ist er doch da und grinst sich eins: Nach dem 4:0 über Armenien installieren Bundestrainer Berti Vogts und Kapitän Jürgen Klinsmann den zurückgekehrten Olaf Thon als Chefle  ■ Aus Dortmund Peter Unfried

Um es in neun Worten zu sagen: Olaf hat gespielt, als ob er nie gefehlt hat. Oder in sechs: Als wenn er gestern dabeigewesen wäre. Ersteres hat Berti Vogts gesagt, zweiteres Jürgen Klinsmann. Das mag übertrieben sein. Der Umschwärmte selbst sagte, es habe eigentlich schon vor dem Spiel „so viel Lob gegeben, daß ich gar nicht mehr spielen mußte“. Das stimmt nicht ganz. Olaf Thon (31) hat doch gespielt. Es ist insofern etwas dran, da die Macher sich schon vorher fest entschlossen hatten, den Schalker nicht bloß zu testen, sondern so oder so zu installieren.

Und nun? Hat man das vorletzte WM-Qualifikationsspiel gegen Armenien 4:0 gewonnen, kann mit einem Punkt aus dem Heimspiel gegen Albanien die Gruppe gewinnen und fährt „zu 98 Prozent“ (Klinsmann) zur WM. Mit Thon? „Möchte ich in Frankreich dabeisein?“ fragte er sich selbst. Die Antwort: „Ganz klar.“

Viereinhalb Jahre saß Thon in Schalke. Dort stieg er auf zu einem mächtigen Provinzfürsten wie einst nur Günter Netzer. Die große Aufmerksamkeit aber bekamen andere. Dann rief ihn Vogts an. Nun ist er da und grinst sich eins.

Man sollte sich aber nicht täuschen. Genauso umsichtig, wie er seine Thon-in-die-Nationalelf- Kampagne plante, arbeitet er nun am Bestand seines Comebacks. Brüllen mußten die Medienleute, als Thons Pointen-Feuerwerk in dem Eingeständnis gipfelte, mit der Annahme, einer der deutschen Gruppengegner sei „Uruguay“, habe er sich „vertan“. Er werde sich nun „reinarbeiten“.

Muß er auch. Vogts hat nicht nur gesagt, er dürfe wiederkommen. Er hat gesagt, Thon werde am 11. Oktober in Hannover „wieder spielen“. Der Rückkehrer hat ihm gute Gründe dafür geliefert. Spielentscheidend war jene kontinuierliche Temposteigerung, die zeitweise das DFB-Team selbst verwirrte. Nach 70 Minuten hatte man damit aber die Armenier müde und mürbe gearbeitet: Klinsmann (2), Häßler und Kirsten trafen, nachdem man vorher die Chancen ausgelassen hatte.

Die freundlichen Armenier hatten halt jenes Loch vor der Abwehr, das sich am Samstag vor Helmer aufgetan hatte. Bei den Deutschen war es „gestopft“, auch durch „die Kreativität von Thon“, sagte Klinsmann. Thon spielte wie in Schalke: vor der Abwehr, mit langen Pässen und häufiger Annäherung an Gegners Tor. Wie er hinter der Abwehr aussehen wird, muß sich finden. Aber Klinsmann findet es wichtig, „eine Anspielstation vor der Abwehr“ zu haben.

Die gab bei der EM Sammer ab. Doch wann der Dortmunder gesund ist, weiß keiner. Und vor allem nicht: für wie lange. Thomas Helmer, so sieht es aus, ist und bleibt allenfalls Chefle. Er wird sich damit abfinden müssen, die komplexe, aber nicht ruhmverheißende Facharbeiterposition des Staubsaugers zur allseitigen Zufriedenheit zu perfektionieren. Thon ist auch Chefle. Das Job-Sharing in der Verteidigungszentrale funktioniert aber so, daß Helmer ihm zuarbeiten darf.

Mit Sven Kmetsch hat sich 45 Minuten lang einer vielversprechend beworben, der dritte in jenem Abwehrdreieck zu werden, das das böse Loch zukünftig bannen soll. Wer kommandiert hinten wen? „Ich habe die beiden kommandiert“, sagte Kmetsch. Und schnell: „Nur ein Scherz.“

Ja, nun sind außer Helmer alle frohgemut – nachdem man sich „gewisse Dinge an den Kopf gesagt“ (Klinsmann) hat. Vogts und sein Kapitän wollen Leute sehen, „die sich aufopfern“. „Gewisse Dinge“, sagt auch Vogts, seien ihm klargeworden. Nun habe er „reagiert“. Doch was wird aus den Neuen, wenn die Alten zurückdrängen? „Das“, sagt Klinsmann, „wird ein heißer Kampf.“

Olaf Thon hat schon wieder andere Sorgen. „Am Samstag in Wolfsburg“, sagte er, „wartet der Präger auf uns.“ Großes Gelächter, das zum Orkan ward, als er gelassen nachsetzte: „Der ist giftig.“

Armenien: Beresowski – Chrbasjan (62. Ter- Petrosjan), Nazarjan, Howsepian – Wardanjan, Avaljan (46. Sarkissjan) – Petrosjan (79. Awetisjan), Schahgeldjan, Mchitarjan – Mikaeljan, Assadurjan

Zuschauer: 43.000

Tore: 1:0 Klinsmann (70.), 2:0 Klinsmann (84.), 3:0 Häßler (86.), 4:0 Kirsten (90.)

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