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■ Die AnderenDie "Zeit" kritisiert Volker Rühes autoritären Führungsstil / Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kommentiert / "Algemeen Dagblad" über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei / "Le Monde" zu den deutsch-französischen Beziehungen

Die Hamburger „Zeit“ kritisiert Volker Rühes autoritären Führungsstil: Wenn Soldaten zu bloßen Befehlsempfängern degradiert werden, verlernen sie das Mitdenken. Nur mit Hilfe selbstbewußter, zu ihrer Mitverantwortung stehender Untergebener kann das Mammutunternehmen Bundeswehr gedeihen. Ein Verteidigungsminister, der seinen Soldaten Eigenständigkeit austreibt, darf sich nicht wundern, wenn Gedankenlosigkeit an ihre Stelle tritt. Kann Volker Rühe aus dem Schaden klug werden, kann er noch umlenken? Den Streitkräften wie dem Minister wäre beides dringend zu wünschen. Viele Politiker vom Kaliber Volker Rühes hat die Republik nicht aufzubieten. Und sie hat nur eine Armee, die nicht zum Fremdkörper in der Demokratie werden darf.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kommentiert: Die größte Gefahr für Rühe und die Bundeswehr droht jedoch nicht dort, wo gesoffen, gegrölt und Schwachsinn geredet wird, sondern dort, wo es gesittet zugeht: an der Führungsakademie und im Ministerium. In einem Monat soll ein ausführlicher Bericht darüber vorliegen, wie es zu Roeders Vortrag und den merkwürdigen Hilfeleistungen für ihn kam. Der Ungereimtheiten, die einer Klärung bedürfen, sind jetzt schon so viele, daß die Hoffnung, die Sache werde vergleichsweise harmlos ausgehen, als ziemlich unbegründet erscheint.

„Algemeen Dagblad“ (Rotterdam) bricht eine Lanze für die EU-Mitgliedschaft der Türkei: Die Gegner ignorieren die Tatsache, daß die Türkei über Jahrhunderte eine europäische Macht war, die in den vergangenen 75 Jahren einen Beitrag zur europäischen Kultur geleistet hat. Es ist in der Tat kein „christliches“ Land, aber ist die EU vielleicht ein christlicher Klub? Zugegeben, wenn es um Demokratie und Menschenrechte geht, gibt es in der Türkei noch viel zu verbessern. Es ist aber nicht so, daß alle heutigen und künftigen EU-Länder in dieser Hinsicht über jeden Zweifel erhaben sind. Es geht nicht an, die Türkei noch länger im Wartezimmer sitzen zu lassen. Der EU ist mit einem Partner gedient, der sowohl Puffer als auch Brücke ist zwischen Europa und dem unruhigen Nahen Osten, dem Balkan und dem Kaukasus.

„Le Monde“ schreibt zu den deutsch-französischen Beziehungen: Es ist schon merkwürdig mit den französisch-deutschen Beziehungen: Je näher die beiden Länder zusammenrücken, desto mehr werden Mißverständnisse sichtbar. Die wohlmeindenden Reden von Politikern verbergen diese Kluft nur schlecht. Das führt dazu, daß derzeit ein doppelter Dialog geführt wird: auf der einen Seite ein Dialog der aufrichtigen Freundschaft, auf der anderen Seite ein Dialog des Zweifels, der die Sorgen verrät, ob sich beide Seiten den richtigen Partner ausgesucht haben.

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