: Der Libanon hat einen neuen Präsidenten
■ Das Parlament wählt den 62jährigen General Emile Lahoud zum Staatsoberhaupt. Die Erwartungen der Bevölkerung sind hoch
Kairo (taz) – Daß die ganze Angelegenheit ein wenig an Spannung vermissen ließ, liegt an den Eigenheiten des politischen Systems im Libanon. Zwar wurde der neue libanesische Präsident, General Emile Lahoud, erst gestern offiziell von 118 des 128 Köpfe zählenden libanesischen Parlaments gewählt. Boykottiert wurde die Wahl von Drusenchef Walid Dschumblatt und den acht Mitgliedern seiner Fraktion sowie dem früheren Regierungschef Omar Karame, der seit zwei Jahren nicht im Parlament erschienen ist. Der eigentlich entscheidende Wahltermin für den neuen ersten Mann des Staates liegt jedoch bereits zwei Wochen zurück. Damals hatte der syrische Präsident Hafis al-Assad in Damaskus schlichtweg seine persönliche Wahlentscheidung verkündet. Der libanesische Königsmacher in Syriens Hauptstadt Damaskus, das sich seit dem Ende des libanesischen Bürgerkrieges 1990 als Schutzmacht des kleineren Nachbarn etabliert und dort rund 40.000 Soldaten stationiert hat, hatte General Lahoud zu seinem Mann im Libanon erklärt. Der Rest war dann reine Formalität.
Um das Ganze unter Dach und Fach zu bringen, wurde sogar kurzerhand am Dienstag noch schnell die Verfassung geändert, laut deren Bestimmungen ein hoher Offizieller sich mindestens für zwei Jahre aus allen Ämtern zurückziehen muß, um für das Präsidentenamt zu kandidieren.
Emile Lahoud steht nämlich an der Spitze des Verteidigungsministeriums und ist Oberbefehlshaber der libanesischen Armee. In der Bevölkerung ist der 62jährige populär, da seine Person eine entscheidende Rolle beim Wiederaufbau der Armee nach dem Bürgerkrieg gespielt hatte. Es wird hauptsächlich ihm gutgeschrieben, innerhalb seiner neunjährigen Amtszeit an der Spitze der Streitkräfte die vollkommen desolate und von konfessionellen Streitigkeiten zerrissene Armee wieder funktionstüchtig gemacht zu haben. Die als korruptionsfrei und effektiv geltende Armee stand in den letzten Jahren oft im krassen Gegensatz zu den meisten anderen staatlichen Institutionen.
Der General wird sein neues Amt am 24. November für eine Dauer von sechs Jahren antreten und der erste libanesische Präsident sein, der in Friedenszeiten gewählt wurde. Er löst den 72jährigen Elias Hrawi ab, der dem Libanon nach 15 Jahren Bürgerkrieg den Frieden brachte. Damit einher ging die Entwaffnung der Milizen, mit Ausnahme von Kampfgruppen wie der Hisbollah, die Israel bekämpfen. Auf dem neuen Präsidenten Lahud ruhen nun große Hoffnungen. Von ihm erwarten die Libanesen, daß er, wie schon zuvor in der Armee, in gleicher Weise als Saubermann im Verwaltungsapparat tätig wird und Korruption, Nepotismus und Verschwendung öffentlicher Gelder endlich ein Ende macht. Karim El-Gawhary
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