: Des einen Freud, des anderen Leid –betr.: Die doppelte Staatsbürgerschaft und damit verbundene politische Querelen
[...] Bisher steht fest, daß CDU/CSU den Vorschlag der SPD nicht billigt, einen eigenen Vorschlag hat man aber noch gar nicht eingebracht. So wird seitens der CDU/CSU eine Unterschriftenaktion gegen den SPD-Vorstoß beschlossen, man weiß jedoch noch gar nicht, wie die Fragebögen hierfür aussehen sollen, geschweige denn, was der Bürger explizit unterschreiben soll. [...]
Dem Autor scheint die Frage erlaubt zu sein, ob diese Unterschriftenkampagne nicht ein Armutszeugnis für eine Partei darstellt, die sich an christlich-demokratischen Grundwerten orientiert. Im übrigen kann man hierüber nur ein äußerst fragwürdiges Meinungsbild erlangen, aber für die Diskussion der Frage, in welchem Rahmen man die doppelte Staatsbürgerschaft möchte, scheint die Unterschriftenaktion ungeeignet. Wo bleibt hier die Solidarität mit der Bevölkerung, wie kommt man darauf, daß diese eine solche Aktion möchte? [...]
Der Autor kann durchaus nachvollziehen, daß alle Mittel zum Stimmenfang recht sind, jedoch darf man wohl von einer Volkspartei auch Verantwortungs- und Taktgefühl verlange. Wie fühlen sich wohl die seit Jahren in Deutschland lebenden Ausländer, die sich schon in unsere Gesellschaft integriert haben, bei dieser Diskussion?
Weiterhin stört mich, mit welcher diffamierenden Gelassenheit die Union dieses Thema auf der hessischen Landesebene in den Wahlkampf zur Landtagswahl einbringt. Als ob dies ein hessisches Thema wäre. Wenn man ernsthaft an so etwas denkt, dann sollte man diese Überlegungen doch in Bayern anstellen, von wo auch die ganzen Ideen zur Unterschriftenaktion stammen. Außerdem deutet dies wieder auf das Dauerthema „innere Sicherheit“ hin, welche die CDU wohl für das Thema überhaupt hält. Und dies alles an der Schwelle zum 21. Jahrhundert in einem (fast) vereinten Europa.
Für mich als Vertreter der jungen Generation bleibt anzumerken, daß ich mich eher als Europäer statt als Deutscher sehe. Ich wünsche mir, daß dies möglichst vielen Menschen und vor allem Politikern genauso geht. Denn nur wenn die Kleinstaatlichkeit aus unseren Köpfen verschwindet, werden wir die Aufgaben des vereinten Europas mit Bravour meistern können. Michael Tolle, Student, Saarbrücken
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