: Verschwommen in der Kuppel
TECHNIK Das Hamburger Planetarium zeigt derzeit das europaweit erste Ganzkuppel- 3D-Programm. Der Film handelt von Charles Darwin – und zeigt, dass 3D im Planetarium noch in den Kinderschuhen steckt
Planetarien sind Orte, wo der Mensch erfährt, wie klein er ist. Zugleich sind Planetarien Orte, wo der Mensch seine Größe feiert, die er in technischen Fragen erreicht hat. Immer geht es in Planetarien um die Projektionstechnik und Fragen des Sounds. Die Nase vorn hat in diesen Tagen Hamburg: Eine Präsentation in Fulldome-3D! Die erste ihrer Art in ganz Europa!
Fulldome ist eine Technologie, die eine verzerrungsfreie Projektion von bewegten Bildern auf eine gekrümmte Fläche ermöglicht. Man liegt also in seinem Zuschauersessel und sieht auf der Kuppel einen Film, als wäre man im Kino. Das Hamburger Planetarium hat zudem eine Technik installiert, die 3D-Darstellungen hinkriegt. Die Vision: Der Zuschauer wird „die Bildwelten nicht nur vor sich haben, sondern ringsherum“, kündigt das Planetarium an. „Das Publikum nimmt Platz mitten im Geschehen!“
Die erste Hamburger 3D-Show heißt „Rätsel des Lebens – Darwins große Reise“ und beginnt unter Wasser. Große Fische schwimmen vorbei, es ist einigermaßen dunkel und die Konturen der Fische sind unscharf. Die Kamera fährt nach oben und durchbricht die Wasseroberfläche, aber das Problem ändert sich nicht: Die Bilder sind relativ dunkel und die Objekte und Lebewesen sehen verschwommen aus – jedenfalls im Vergleich zu avancierten 3D-Filmen im Kino.
Dafür gibt es den Effekt der Kuppel, der aber bei einem Dokumentarfilm wie „Rätsel des Lebens“ nicht so recht verfängt. Zwar füllt das Bild fast das ganze Gesichtsfeld aus, gleichzeitig aber gibt es ein zentrales Geschehen, das den Blick lenkt. Da schaut man hin. Und hat durch das Außen-Rum keinen großen Gewinn.
Es scheint, als wäre Fulldome-3D noch in den Kinderschuhen. Was irgendwie passt zu dem Film, der gezeigt wird: Es geht um die Evolution aus Sicht des britischen Wissenschaftlers Charles Darwin. Der Film erklärt, wie Darwin bei seiner Schiffsreise nach Südamerika seine Theorie von der natürlichen Selektion und der Variation der Organismen entwickelt. In langen Kamerafahrten wird das Schiff gezeigt, der junge und der alte Darwin bei der Arbeit, die Flora und Fauna auf den Galápagos-Inseln und unter Wasser.
Der Sprecher bemüht den „Wimpernschlag der Geschichte“, der der Mensch sei und über allem liegt sinfonische Musik – eigens komponiert und stark angelehnt an den romantischen Pathos der Hollywood-Blockbuster. 40 Minuten dauert der Film und das Problem ist, dass der visuelle Effekt trotz seiner Schwächen von der Informationsvermittlung ablenkt.
Aber die Entwicklung geht natürlich weiter. Das Hamburger Planetarium plant weitere Programme in Fulldome-3D. Außerdem vermeldet das Planetarium der Fachhochschule Flensburg, dass man für rund 200.000 Euro ein Fulldome-System installiert habe. Man halte damit technologisch Anschluss an die Planetarien in Kiel und Hamburg, sagen die Flensburger. Und werden das Problem nicht los, dass die Kuppel in Flensburg nach wie vor einen Durchmesser von sechs Metern hat. In Hamburg sind es 21 Meter. Das macht das Hamburger Planetarium zu einem von bundesweit neun Großplanetarien. KLAUS IRLER