: Redaktionen zu Lofts
Mit skurrilen Spar- und Umsiedlungsplänen sorgt die Investorengruppe Mecom für Ärger in Skandinavien
Finanzinvestor David Montgomery und seine Mediengesellschaft Mecom – zu der in Deutschland die Berliner Zeitung und die Hamburger Morgenpost gehören – haben den 15 norwegischen Zeitungen des Konzerns kurzfristig eine so massive weitere Stellenkürzung verordnet, dass dort der Redakteursverband Redaktørforeningen Alarm geschlagen hat: Die Maßnahmen seien geeignet, sich zu einer Bedrohung der Pressefreiheit zu entwickeln. Um sein Renditeziel von 15 Prozent zu erreichen, hatte Mecom seinen norwegischen Regionalzeitungen gleich nach dem Aufkauf eine Kürzung von 120 ihrer 1.800 Stellen verordnet. Kurz vor Weihnachten, als die Haushaltspläne für 2007 schon fertig waren, kam ganz unerwartet noch ein Nachschlag: Weitere 80 Stellen müssten umgehend verschwinden.
Chefmanager Kjell Johnson, der die Zeitungen bereits seit 1998 – erst unter dem Dach von Orkla-Media, dann nach der Übernahme bei Mecoms norwegischer Tochter – ausgesprochen erfolgreich geführt hat, nahm daraufhin seinen Hut. Er sei wohl nicht mehr der richtige Mann für diesen Job, begründete er seinen Schritt. Für die Betriebsräte ist Johnsons Resignation ein Beweis dafür, dass Mecom seine Zeitungen nun von London aus unter ausschließlich ökonomischen Vorzeichen fernsteuern wolle. Laut Redaktørforeningen-Vorsitzendem Marit Haukom regiere Mecom einfach an den vorhandenen Gremien vorbei. Ohne auch nur Rücksprache mit den betroffenen Verlagen zu halten, „zieht man den Redaktionen den Teppich unter den Füßen weg“.
Auch in dem zu Mecom gehörenden dänischen Berlingske-Verlag schaltet Montgomery nach Gutdünken. Drei Wochen nachdem ihr eine Kürzung von 350 Stellen verordnet worden war, wurde die Redaktion der Berlingske Tidende aus ihrem bisherigen Verlagshaus in der Innenstadt Kopenhagens in ein Fabrikgebäude in einem Außenbezirk ausquartiert. Mit dem bisherigen Verlagshaus lässt sich angesichts seiner günstigen Lage offenbar mit anderer Nutzung als dem Zeitungsgeschäft wesentlich mehr Geld verdienen. Hier sollen nun moderne Geschäfte und luxuriöse Penthouse-Wohnungen entstehen. Und angeblich soll in anderthalb Jahren auch wieder Platz für ein deutlich eingeschrumpftes Großraumredaktionsbüro sein.
Doch nach ihren bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Eigentümer wollen sich viele Berlingske-Journalisten erst einmal lieber nicht auf so ein Versprechen verlassen. Es gibt hartnäckige Gerüchte, dass Mecom sowieso vor allem an dem Verlagsgebäude interessiert war und jetzt intensiv nach Investoren sucht, um das nicht lohnende Anhängsel, das Zeitungsgeschäft, weiterzuverkaufen.
REINHARD WOLFF, Stockholm
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