Sichere Deiche wichtiger als tiefere Elbe

Bei der geplanten Ausbaggerung der Elbe gehen Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf Distanz zu Hamburg. Sie fordern Vorrang für Deichsicherheit vor hafenpolitischen Interessen. Naturschutzverbände sehen das auch so

Mit wolkigen Formulierungen endete gestern Nachmittag ein Krisentreffen der Wirtschafts- und Umweltminister von Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in der Hansestadt über die geplante erneute Vertiefung der Elbe. Dieses Ziel solle „zügig erreicht werden“, zugleich aber müsse „die Sicherheit der Deiche uneingeschränkt gewährleistet sein“, verkündeten sie anschließend in einer gemeinsamen Presseerklärung. Den Nachbarschaftskonflikt vermag diese Sprachregelung jedoch kaum zu bemänteln.

Denn unter den Anwohnern in den Elbmarschen der beiden Flächenländer gibt es erhebliche Befürchtungen, die Ausbaggerung der Fahrrinne um einen weiteren Meter könnte zu höheren Sturmfluten führen und die Standsicherheit der Deiche gefährden. Etliche Gemeinden haben bereits verlässliche Zusagen von Hamburg und ihrer jeweiligen Landesregierung eingefordert, die Stadt Cuxhaven hatte schon im Dezember vorigen Jahres offen mit einer Klage vor den Gerichten gegen die Pläne gedroht.

Nach dem Willen Hamburgs und der Bundesregierung soll die Unterelbe bis 2009 für Schiffe von 14,5 Meter Tiefgang befahrbar sein. Die Kosten für das Ausbaggern werden auf 330 Millionen Euro beziffert. Für die Vertiefung müssen etwa 38 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick ausgebaggert werden.

Niedersachsen und Schleswig-Holstein sicherten gestern zwar zu, „weiterhin eng mit Hamburg zusammenzuarbeiten“. Allerdings wollen sie „parallel“ zum anstehenden Planfeststellungsverfahren „ihre Anforderungen zur Berücksichtigung ihrer Länderinteressen konkretisieren“. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Deichsicherheit „Vorrang vor allen anderen Belangen“ genießen müsse – also auch vor den hafenpolitischen Interessen der Hansestadt.

Die Umweltschützer im Norden lehnen eine erneute Ausbaggerung der Elbe ohnehin ab: „Der Deichschutz und damit der Menschenschutz ist nicht verhandelbar“, erklärten die drei Landesverbände des Naturschutzbundes (Nabu). Zudem kritisieren sie, dass bei den bisherigen Planungen „die Ergebnisse der Klimaforschung und der Anstieg des Meeresspiegels in der Nordsee unberücksichtigt“ blieben.

Eine „abgestimmte norddeutsche Hafenpolitik“ mahnte zudem der World Wide Fund for Nature (WWF) an. Der Bau des JadeWeserPorts in Wilhelmshaven, die ebenfalls geplante Ausbaggerung der Außenweser vor Bremerhaven und die Elbvertiefung – alles drei gleichzeitig sei „überflüssig“, erklärte WWF-Hafenexpertin Beatrice Claus. Ein gemeinsamer Tiefwasserhafen im Norden wäre „die beste Lösung“, findet Claus, „ökologisch und finanziell“. Sven-Michael Veit