: Der Orang-Utan mag keinen Biodiesel
Auf der UN-Umweltkonferenz werden die Gefahren von Biokraftstoffen deutlich. Menschenaffen bedroht
NAIROBI taz ■ Palmöl ist auf westlichen Märkten ein nachgefragtes Produkt, seitdem die Biokraftstoffe boomen. Doch 83 Prozent des global gehandelten Palmöls stammen aus Malaysia und Indonesien. Ein Großteil des Regenwaldes wird abgeholzt, um an seiner Stelle lukrative Palmenplantagen anzulegen. Autofahrer, die aus Umweltbewusstsein von Benzin auf Biodiesel umsteigen, fördern so das Ende der letzten Urwälder.
Kein Wunder, dass Biokraftstoffe unter den rund 100 Umweltministern, die bis Freitag zu einem Gipfeltreffen in Nairobi zusammengekommen sind, heiß diskutiert werden. „Umwelt und Globalisierung“ lautet die Überschrift des 24. Unep-Verwaltungsrats, und kaum ein anderes Thema illustriert den Gegensatz zwischen Umweltinteressen auf der einen und Handelsinteressen auf der anderen Seite so deutlich. Die Industrie selber fordert inzwischen von Unep verbindliche Standards für den Handel mit Biokraftstoffen, um ein globales Geschäft abzusichern.
Pascal Lamy, Chef der Welthandelsorganisation, will nicht zu viel Enthusiasmus zeigen. „Die WTO hat sich noch nicht mit Biokraftstoffen beschäftigt“, sagt Lamy, und dass die zollrechtliche Klassifikation von Biokraftstoffen eine technische Frage sei, die schnell lösbar sei. Doch für Lamy sind Biokraftstoffe in Wirklichkeit ein Geschenk Gottes. Farmer in Europa und Amerika, die bislang hoch subventionierte Überschüsse an Nahrungsmitteln produzieren mussten, die niemand brauchte, sollen jetzt auf Mais, Raps, Soja oder andere Grundlagen für Biokraftstoffe umsteigen. Dadurch würden die Agrarsubventionen überflüssig – eines der größten Hindernisse der stockenden Welthandelsrunde wäre beseitigt. „Wir könnten die Doha-Gespräche in wenigen Tagen abschließen“, freut sich Lamy dann doch.
Umweltschützer schlagen Alarm, weil Biokraftstoffe Monokulturen erfordern, die nur mit großem Pestizideinsatz zu bewirtschaften sind. „Der Traum, die eine magische Flüssigkeit durch eine andere zu ersetzen und dann weiterzumachen wie bisher, geht nicht auf“, warnt Lucy Mulenkei vom „Indigenous Information Network“.
Ein klarer Verlierer des Regenwaldkahlschlags wurde in Nairobi schon ausgemacht: Wenn die Prognose des UN-Umweltprogramms eintrifft, dann wird der Orang-Utan nicht mehr lange unter den Folgen der globalisierten Wirtschaft leiden müssen. Schon in 15 Jahren, so sagt eine Studie voraus, wird auch der letzte der nahen Verwandten des Menschen ausgestorben sein, weil der tropische Regenwald auf den indonesischen Inseln Sumatra und Borneo komplett abgeholzt sein wird. Auf der Suche nach Tropenholz, so Unep-Chef Achim Steiner, hätten illegal operierende multinationale Händler jetzt Indonesiens Nationalparks ins Visier genommen. „Verantwortlich dafür ist die Nachfrage der globalisierten Märkte, da gibt es keine Hemmungen mehr.“MARC ENGELHARDT