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Archiv-Artikel

Sehnsucht nach Guttenberg

CSU „Wir brauchen ihn auch“, ruft Parteichef Horst Seehofer. Schon einen Tag nach dem Absturz ihres Stars leidet die CSU an Entzugserscheinungen

MÜNCHEN taz | Am Tag nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg wollte die CSU-Parteispitze eine Rückkehr ihres gefallenen Stars nicht ausschließen. „Ich hätte ihn gerne behalten“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch im Bayerischen Landtag. „Er gehört zu uns. Er ist einer von uns“, sagt Seehofer und fährt fort: „Wir brauchen ihn auch.“ Der CSU-Chef wünscht, dass Guttenberg „uns erhalten bleibt. Wir werden zu gegebener Zeit reden, wie dies möglich ist.“Die CSU benötige eine charismatische Figur wie Guttenberg, meinte Fraktionschef Georg Schmid.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass Guttenberg auch sein Bundestagsmandat niederlegen werde. Zahlreiche Parteifreunde hatten offenbar noch versucht, den Exminister zum Behalten seines Sitzes zu bewegen, denn ohne Guttenbergs Direktmandat verliert die CSU einen ihrer 45 Sitze, weil sie bei der Bundestagswahl 2009 drei Überhangmandate errungen hatte. Geht ein Direktmandat verloren, kann es nicht neu besetzt werden.

In München versuchte die CSU-Spitze um Horst Seehofer die Kabinettsumbildung in Berlin als Zeichen der Stärke zu verkaufen. Doch der zukünftige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist noch gar nicht der Öffentlichkeit präsentiert, da durchkreuzt ein Parteifreund die kraftvollen Präsentation: Joachim Herrmann, der bayerische Innenminister, erscheint zur Fraktionssitzung der CSU im Landtag, und sofort wird damit klar, dass Friedrich nicht die erste Wahl für den Posten war.

Die Nachrichtenagenturen hatten bereits am Vormittag spekuliert, Herrmann könnte Bundesinnenminister werden. Nun sagt er den Journalisten: Seehofer habe ihm den Posten angeboten und er habe abgelehnt, „aus persönlichen Gründen“. Dabei hätte der stramme Law-and-Order-Mann Herrmann in Berlin die konservative CSU-Innenpolitik auf Bundesebene zumindest öffentlichkeitswirksamer umsetzen können als der vergleichsweise ruhige Friedrich.

Ein Problem hat sich die CSU mit der Kabinettsumbildung vom Hals geschafft: die Bundeswehrreform. Einige von der Schließung bedrohte Bundeswehr-Standorte liegen in Bayern. Die CSU hätte im Verteidigungsministerium die Reform gegen den Willen von CSU-Bürgermeistern in der Heimat umsetzen müssen. Um die unpopuläre Maßnahme haben sich die Bayern nun ganz elegant gedrückt. BERNHARD HÜBNER