Fataler „Tornado“-Einsatz : KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE
Wie es aussieht, werden deutsche „Tornados“ schon in ein paar Wochen Teil der Offensive von Nato und USA gegen die Taliban sein. Sie werden zwar kaum direkt an Kampfhandlungen beteiligt sein, aber Daten für die Angriffe der Nato-Truppen liefern. So richtig doll für diesen Einsatz ist, außer Verteidigungsminister Jung, auch in der großen Koalition niemand. Der Einsatz ist ein Deal: Man schickt „Tornados“, dafür darf die Bundeswehr im ruhigen Norden bleiben und muss nicht im Süden gegen die Taliban kämpfen. So das Kalkül, oder genauer: die vage Hoffnung der Regierung.
Denn faktisch sind die Deutschen, trotz einschränkender Auflagen für den „Tornado“-Einsatz, Teil der Angriffsmaschine im Antiterrorkrieg „Enduring Freedom“. Der Unterschied zwischen Zielerfassung und -zerstörung ist marginal. Und klar ist: Auch bei dieser Nato-Offensive werden wieder viele Zivilisten sterben. Selbst wenn diese Angriffe die Taliban schwächen sollten – den Kreislauf von Gewalt und Verzweiflung werden sie nicht unterbrechen, sondern anheizen.
Das Desaster in Afghanistan liegt nicht an mangelnder militärischer Effektivität der Nato. Es fehlt nicht an Feuerkraft, sondern an kluger Politik und Geld. Der Westen hat zugesehen, wie korrupte Warlords an die Macht kamen und so die Taliban wieder stark wurden. Wenn überhaupt etwas hilft, dann ist es ziviler Wiederaufbau und politischer Druck. Der Bundeswehreinsatz im Norden von Afghanistan war bis dato sinnvoll. Sie stabilisiert die Lage – auch wenn Linkspopulisten wie Oskar Lafontaine an den nationalen Egoismus appellieren und die Angst schüren, dass wir uns damit „den Terror“ ins Land holen.
Die Bundesregierung gefährdet mit dem „Tornado“-Einsatz nun selbst, was bisher einigermaßen gelungen ist. Anstatt das Zivile und Pazifizierende des Bundeswehreinsatzes im Norden selbstbewusst zu betonen und vor allem das politische Desaster reparieren zu helfen, setzt sie auf den bauernschlauen Deal – „Tornados“ gegen Ruhe für die Bundeswehr. So lässt sie sich Stück für Stück von den USA in die falsche Logik der militärischen Offensive verstricken. Das ist fährlässig.
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