HANS KRAUSS, MUSIKSCHULLEITER : Der Lord-Einlader
■ 56, leitet seit 2003 die städtische Braunschweiger Musikschule, studierte Akkordeon und Klavier, war Deep-Purple-Fan.
Es gibt Fragen, die stellt man eigentlich nicht. Wer würde beispielsweise Jon Lord, den Keyboarder der englischen Band Deep Purple anrufen und fragen, ob er nicht mal Lust hätte, sich in der Stadthalle Braunschweig das Konzert der städtischen Musikschule anzusehen. Das Jugend-Sinfonie-Orchester und die siebenköpfige Schülerrockband bringen Lords Komposition „Concerto for Group and Orchestra“ aus dem Jahr 1969 „crossover-mäßig“ auf die Bühne, sagt Schulleiter und Initiator dieser Idee, Hans Krauss. Warum nicht den Altmeister dazubitten?
„Wir sind da recht blauäugig rangegangen“, sagt er. Aber erfolgreich, denn da Lord ohnehin gerade in Zürich ist, fliegt er kommenden Dienstag nach Braunschweig. „Für unsere Schüler ist das natürlich eine großartige Anerkennung“, sagt Krauss. Und für ihn wird mit diesem Konzert und dem prominenten Besuch ein längst abgeschlossen geglaubtes Kapitel seiner eigenen Geschichte wieder aufgeschlagen: das der Rockmusik.
Krauss begann mit zehn Jahren Akkordeon zu spielen, studierte Akkordeon, Klavier und Dirigieren – gegen den Widerstand des bürgerlichen Vaters, der ihn lieber in seinen Ingenieursfußstapfen gesehen hätte. Krauss promovierte über das Problem der Verschmelzung von Instrumentalklangfarben und war sein gesamtes Berufsleben als Musiklehrer im klassischen Genre daheim. „Aber ich bin ein echter 68er“, sagt der heute 56-Jährige. „Als ich 14 war, war Deep Purple absolut meine Musik.“ Später kamen dann auch die Beatles, die Stones und Santana dazu.
Anfang der 70er Jahre spielte er in zwei Tanzbands die elektrische Orgel. Ein Freund holte ihn in die Bands. Wenn er Akkordeon spiele, dann müsse er doch auch auf der Orgel die Tasten drücken können. Er konnte und wollte. „Mein Traum war immer eine original Hammond-Orgel – genau wie Deep Purple“, erzählt Krauss. „Aber das konnte ich mir natürlich nicht leisten.“
Beim Konzert seiner Schüler wird der Hammond-Sound auch nur digital erzeugt. Denn es wird zwar ein original Deep-Purpler anwesend sein, aber zu einer echten Hammond-Orgel reicht es noch immer nicht. ILK