: Ein Dialog für Kranke
GROBER UNFUG Ein Geschichte über den Versuch einer Krankenkasse, die Gesetze der Logik zu beugen
Gerade ist Erkältungszeit, und bei vielen, die Kinder haben, sitzt jetzt der Pariboy mit am Tisch – ein Gerät zum Inhalieren.
Mittlerweile zahlen viele Kassen – auch die AOK – den Apparat, auf dass er dauerhaft bei ihren Versicherten bleibe. Das war vor ein paar Jahren noch anders, weswegen ein Mann, er soll hier als A. bezeichnet werden, das Gerät für seine Kinder 2002 selbst bezahlte. Doch nach neun Wintern wurde A.s Atemmaske porös, der Pariboy ist aber sonst voll funktionstüchtig. Und die AOK? Weigert sich, das defekte Zubehörteil, Wert so um die 20 Euro, zu erstatten. Bietet dafür aber an, ein komplett neues Set – Inhaliergerät plus Maske, Wert 200 Euro – zu bezahlen. Aus Versichertenbeiträgen. Die taz fragte daraufhin mal nach. Und dokumentiert nun Auszüge aus dem sich anschließenden, Monate währenden E-Mail-Wechsel:
taz: Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?
AOK: Könnten Sie uns die Versichertendaten nennen? taz: Es geht hier doch nicht um das Problem eines Einzelnen. AOK: Das Ursprungsgerät hatte sich unser Versicherter privat gekauft. Leider hatte er sich im Vorfeld nicht an die AOK gewandt.
taz: Ist das strafbar?
AOK: Versicherte sollten immer bei ihrer Kasse nachfragen.
taz: Und wenn sie das vergessen?
AOK: Aufgrund der gesetzlichen Lage (private Anschaffung des Geräts und damit verbundene haftungsrechtliche Frage) konnten wir die Kostenübernahme für das Ersatzteil nicht tragen.
taz: Haftungsrechtliche Frage?
AOK: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine Reparatur nicht immer billiger ist als die Anschaffung eines Neugerätes.
taz: Und im konkreten Fall?
AOK: Die AOK hat einen Hilfsmittelpool, in dem aufbereitete Geräte zur Wiederverwendung enthalten sind. Nicht in jedem Fall findet sich verständlicherweise das geeignete Ersatzteil.
taz: Was passiert dann?
AOK: Sofern eine Ersatzbeschaffung notwendig ist, hat die Krankenkasse die Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Im vorliegenden Sachverhalt kam die AOK zu dem Ergebnis, dass eine Neuversorgung mit einem Inhalationsgerät aufgrund der abgeschlossenen Verträge wirtschaftlicher war als eine Versorgung mit einzelnem Zubehör.
taz: Der Versicherte braucht aber keine zwei Inhaliergeräte.
AOK: Der Versicherte hat die Möglichkeit, frei über sein Eigentum zu entscheiden.
taz: Warum ist es wirtschaftlicher, ein funktionstüchtiges Gerät auszutauschen, anstatt das Zubehör zu ersetzen?
AOK: Aus Ihrer erneuten Anfrage zum Thema Pariboy ergeben sich für uns keine neuen Fragestellungen. HEIKE HAARHOFF