: Wal-Mart droht Massenklage
Bundesberufungsgericht in USA lässt Verfahren wegen Benachteiligung von Frauen zu. Jetzt könnten 1,6 Millionen Mitarbeiterinnen nachträglich mehr Lohn fordern
BERLIN taz ■ Dem US-Einzelhandelsriesen Wal-Mart droht der größte Prozess aller Zeiten wegen sexueller Diskriminierung von Frauen. Ein Bundesberufungsgericht in San Francisco gab am Dienstag grünes Licht für eine Sammelklage, der sich mehr als eine Million ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen des Konzerns anschließen könnten. Es wäre der größte Sammelprozess in der Geschichte der USA. Wal-Mart drohen milliardenschwere Schadenersatzzahlungen.
Das Gericht wirft dem größten Einzelhändler der Welt vor, weiblichen Mitarbeitern grundsätzlich weniger gezahlt zu haben als männlichen Kollegen. Auch bei Beförderungen seien sie systematisch benachteiligt worden. Bereits 2001 hatte eine handvoll weiblicher Wal-Mart-Angestellter gegen die Vorwürfe geklagt. Die Klage lag allerdings bis 2004 auf Eis, bevor ein Bezirksgericht in San Francisco entschied, die Angelegenheit als Sammelklage zu handhaben. Dieses Urteil wurde nun von dem US-Berufungsgericht bestätigt. Zur Begründung hieß es, es liege ausreichendes Beweismaterial vor, das die Argumentation der Kläger unterstütze.
Sollte die Sammelklage erfolgreich sein, muss Wal-Mart damit rechnen, dass der US-Konzern mehrere Milliarden Euro an verlorenen Gehältern und Wiedergutmachungen an die Klägerinnen zahlen muss. Der weltgrößte Einzelhändler gab sich dennoch zunächst gelassen und kündigte an, die Entscheidung anfechten zu wollen. Die Chancen auf eine Revision seien gut. Zudem sei eine Sammelklage nicht gerechtfertigt, weil Wal-Mart seinem Management in jeder seiner 3.400 US-Filialen ein großes Maß an Unabhängigkeit bei Personalentscheidungen gewähre. So laufe die Entscheidung des Gerichts Urteilen des obersten US-Gerichtshofs und anderer Gerichte im Land zuwider. Außerdem würden in 90 Prozent der Wal-Mart-Filialen Frauen so gut wie Männer bezahlt. In 25 Prozent davon wiederum erhielten Frauen sogar mehr Geld.
Im Dezember 2005 war Wal-Mart von einem kalifornischen Gericht zu 172 Millionen Dollar Schadenersatz wegen nicht gewährter Mittagspausen verurteilt worden. SVEN KULKA
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