: Israel entrüstet über Kerry-Vorschlag
GAZA II Vermittlungsbemühungen des US-Außenministers drohen in eine Sackgasse zu führen. Angekündigte Feuerpausen immer wieder durchbrochen. Angriffe von beiden Seiten gehen weiter
JERUSALEM taz | Mal einen Schritt vorwärts und zwei zurück, mal zwei vorwärts und einen zurück – so geht es im Ringen um einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas. Trotz der von Israel in der Nacht zu Sonntag ausgerufenen Feuerpause heulten die Sirenen, die vor den Raketen der Islamisten im Gazastreifen warnen, schon am Morgen in zahlreichen israelischen Ortschaften auf. Und auch Israel griff kurz darauf wieder an.
Auf der anderen Seite rief die Hamas am Sonntagmittag zu einer 24-stündigen Feuerpause auf, die wiederum Israel ablehnte. Im Westjordanland konnte unweit von Bethlehem ein größerer Terroranschlag vereitelt werden, heißt es in Israel. Sicherheitskräfte nahmen einen Palästinenser fest, der in seinem Auto offenbar mehrere Gasballons und Zündstoff geladen hatte.
Die internationalen Vermittlungsbemühungen für eine Waffenruhe in Gaza scheinen unterdessen geradewegs in eine Sackgasse zu führen: Israel ist erzürnt über den jüngsten Kompromiss, den US-Außenminister John Kerry zur schrittweisen Beilegung der Kämpfe vorlegte.
„Was hat er dabei gedacht?“
Unter der Überschrift „Was hat er sich nur dabei gedacht?“ analysierte Barak Ravid von der linksliberalen Ha’aretz die Vorschläge Kerrys, der plötzlich auf Du und Du mit der Türkei und Katar sei, darüber aber die ägyptische Führung in Vergessenheit geraten ließe. Die Zeitung veröffentlichte den „geheimen Entwurf“, der sich auf die Waffenstillstandseinigung für den Gazastreifen vom November 2012 bezieht, was nicht neu ist. Dazu sieht der Kompromiss eine „Lösung für die Krise in Gaza“ vor, darunter Garantien für die Öffnung der Grenzübergänge, die Einfuhr von Gütern und „die Überweisungen von Geldern“.
Laut Ha’aretz ist von „Milliardenbeträgen“ die Rede, gleichzeitig erwähnt der Entwurf mit keinem Wort die israelischen Sicherheitsforderungen, allen voran die Möglichkeit, weiter nach geheimen Tunneln zu suchen und sie zu zerstören. Ebenso ignoriert der Vorschlag die von der EU und auch den USA zunächst gestützte Forderung einer Entmilitarisierung des Gazastreifens. Der „Rahmenplan für eine humanitäre Feuerpause in Gaza“, der Regierungschef Benjamin Netanjahu am Freitagabend erreichte, sei, so kommentierte Barak Ravid, „all das, was die Hamas sich gewünscht hatte“. Israels Armee steckt in den letzten Zügen, die geheimen Tunnel zu zerstören, die sie bei der Bodenoffensive aufdeckte. Ein Truppenabzug aus der Grenzregion – wo die Islamisten ihre Tunnel gruben, um Terrorkommandos nach Israel zu schleusen – ist vor Abschluss ihrer Mission undenkbar.
Netanjahu hat trotz der relativ hohen Zahl gefallener Soldaten, die am Wochenende auf über 40 stieg, eine überragende Mehrheit der Bevölkerung hinter sich, um die Offensive im Gazastreifen fortzusetzen. Gut 86 Prozent der Israelis lehnen, laut Umfrage der Jerusalem Post, einen Waffenstillstand ab, solange weiter Raketen auf Israel abgeschossen werden und solange noch nicht alle geheimen Tunnel zerstört sind. SUSANNE KNAUL