Konstantin Rausch, FC-Bayern-Vorführer
: Der Arbeiter

■ 20, geboren in Russland, wuchs in Celle auf, seit 2004 bei Hannover 96. Erstes Bundesligator gegen Eintracht Frankfurt.  Foto: dpa

Sein Torjubel, frei von durchdachter Choreographie, führt ihn stets zur Osttribüne: Wenn Konstantin Rausch für Hannover 96 trifft, entlädt sich seine Freude vor den Sitzplätzen der stolzen Familie. „Mein Vater und mein Bruder sind jedes Mal im Stadion“, sagte der 20-Jährige, der am Samstag den FC Bayern München arg in Bedrängnis brachte: Schon das erste Tor, geschossen von Mohammed Abdellaoue, hatte Rausch perfekt vorbereitet. Das 2:0 erzielte er dann, begünstigt durch ein unglückliches Eingreifen Mario Gomez’, gleich selbst. „Ich glaube“, sagt er, „das war ein ganz guter Schuss.“

Kleine Typen wie Rausch behagen einem großen Verein wie dem FC Bayern nicht. Rausch, bei den A-Junioren und in der Amateurelf von Hannover 96 zum Profi gereift, besticht nicht durch verrückte Dinge oder Kabinettstückchen, sondern durch eine einfache Form des Fußballspiels: Viel laufen, schnell rennen und, ab und an, den linken Fuß geschickt einsetzen – Rausch war beim 3:1-Erfolg gegen die überforderten Münchner an so vielen Szenen in der Offensive beteiligt, dass er leicht mehrfacher Torschütze hätte werden können. Im Weg allerdings steht „Kocka“, wie die Mitspieler ihn rufen, manchmal noch jene Mischung aus zu viel Eile und zu wenig Routine.

Im Bayern-Spiel bekam er es auf seiner linken Seite mit den Weltstars Philipp Lahm und Arjen Robben zu tun. Die beiden werden sich über diesen unermüdlich-schmucklosen Typen gewundert haben, der ihnen da gründlich die Show stahl.

Um zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, dass ein zunächst belächelter Jungprofi seinen Beitrag zu etwas ganz Besonderem der Fußball-Bundesliga leistet, lohnt der Blick zurück in den Sommer 2010: Das Trainingslager von Hannover 96 im österreichischen Bad Radkersburg war überlagert von schlechter Stimmung und Pessimismus. Es gab diese Phase, in der sich die Kollegen offen über so manche taktisch-technische Unzulänglichkeit beklagten. Um Rausch doch noch das Gefühl für gute Flanken und Vorlagen zu vermitteln, ließ Trainer Slomka ihn mehrfach nachsitzen.

Und die Strafarbeiten machten sich bezahlt: Rausch steht mit seiner einfachen und erfolgreichen Art Modell für eine simple, aber doch ungemein effektive Spielweise von Hannover 96 insgesamt: Man jage den Gegner, zwinge ihn zu Fehlern – um dann überfallartig zuschlagen zu können. Für eine solche Taktik muss man nicht so elegant wie Zidane auftreten oder so trickreich wie Messi. Einer wie Rausch muss es mit Tempo, Einsatz und Elan versuchen.

„Unsere Mannschaft agiert als Einheit“, meinte er nachher in seiner simplen Art – die den Unterschied ausmachte zum in einer komplizierten Lage steckenden FC Bayern. CHRISTIAN OTTO

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