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Archiv-Artikel

Rechtes „Heldengedenken“ in Neukölln

Nicht nur im brandenburgischen Halbe, auch in Neukölln treffen sich jedes Jahr am Volkstrauertag Burschenschaften, Soldaten und Rechtsextremisten, um toter Soldaten zu gedenken. Gestern fand erstmals eine Gegenkundgebung statt

Am Eingang des Friedhofs am Columbiadamm in Neukölln herrscht an diesem Sonntagmorgen reges Treiben. Ein älterer Mann verteilt eifrig das Parteiorgan der NPD, die Deutsche Stimme, an der kleinen Kapelle haben sich rund 150 Besucher versammelt. Neben Bundeswehrangehörigen, Burschenschaftlern und Soldaten der Alliierten sind, wie in den vergangenen Jahren auch, Mitglieder der NPD, DVU und der militanten rechten Kameradschaftsszene gekommen, darunter Aktivist Jörg Hähnel, der für die NPD in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg sitzt, der Neuköllner Rechtsextremist Sascha Kari und der brandenburgische DVU-Abgeordnete Sigmar-Peter Schuldt.

Organisiert hat das „Heldengedenken“ Armin Brenker, stellvertretender Landesvorsitzender des „Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr“. Die DVU und NPD habe er selbstverständlich nicht eingeladen, betont er gegenüber Journalisten. Im Gegensatz zu zwei vermeintlichen linken Friedhofsgängern werden die Rechten jedoch nicht von der Polizei vom Gelände verwiesen. Brenker hält später eine Rede, in der er an die gefallen Soldaten der vergangenen 100 Jahre erinnert. Anschließend legen Burschenschaftler, Soldaten sowie NPD- und DVU-Abgeordnete ihre Kränze nieder.

„Wir beobachten diese Veranstaltung schon seit einigen Jahren“, erklärt Falko Schuhmann vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz). Das jährliche „Heldengedenken“ in Neukölln sei eine wichtige Schnittstelle zwischen rechtsextremen Kameradschaften, Bundeswehr, NPD, DVU und Burschenschaften.

Nicht alle Besucher sind mit der Mischung der Besucher einverstanden. Gunda Ernst kommt fast jedes Jahr auf den abgelegenen Friedhof, um des Vaters ihres britischen Lebensgefährten zu gedenken, der im Zweiten Weltkrieg getötet wurde. Dass sich die Neonazis an der Veranstaltung beteiligen, ist ihr unangenehm. „Ich fühle mich hier ziemlich unwohl“, sagt sie.

In der Zwischenzeit haben sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite rund 150 Menschen, vor allem aus dem autonomen Spektrum, zu einer Gegenkundgebung getroffen. „Opa, Oma und Hans Peter – Keine Opfer, sondern Täter“, rufen sie einer Gruppe Burschenschaftler zu, die gerade ankommt. „Es kann nicht sein, dass in Berlin seit Jahren unbemerkt derselbe Mist stattfindet wie am Samstag in Seelow“, so eine Teilnehmerin.

Am Ende der Veranstaltung kommt es zu einer Rangelei zwischen Gedenkfeiergegnern und der Polizei. Daraufhin gibt es zwei vorläufige Festnahmen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstands gegen die Staatsgewalt. JOHANNES RADKE